Wir ha­ben am Sams­tag ein Fest ge­fei­ert. Ge­mein­sam mit 140 Gä­sten freu­ten wir uns in Schnell­ro­da über 20 Jah­re Se­zes­si­on. Weil wir ohne Stö­rung und ohne Po­li­zei­prä­senz ei­nen kon­zen­trier­ten Nach­mit­tag mit Vor­trä­gen und An­spra­chen und ei­nen ru­hi­gen Abend im Ge­spräch ver­brin­gen woll­ten, ha­ben wir nicht breit und öf­fent­lich eingeladen.

Wer an­set­zen möch­te, sich dar­über zu är­gern, daß er eine fei­ne Ver­an­stal­tung ver­paßt hat, möge in­ne­hal­ten und ver­su­chen, uns zu ver­ste­hen: Wenn hun­dert För­der­abon­nen­ten und lang­jäh­ri­ge Freun­de un­se­rer Ar­beit, Mit­ar­bei­ter und Au­toren, Ver­tre­ter frei­er Me­di­en, fai­re Jour­na­li­sten und die Frak­ti­ons­spit­zen al­ler AfD-Ost­ver­bän­de zu­sam­men­kom­men, dann ist das ein Er­eig­nis. Hät­ten wir auf­ge­trumpft, wäre das klei­ne Schnell­ro­da wie­der in ei­nen Aus­nah­me­zu­stand ver­setzt wor­den. Dann wäre die Po­li­zei wie­der in ihre über­trie­be­ne Be­trieb­sam­keit ver­fal­len und die Fo­to­gra­fen der An­ti­fa hät­ten wie­der je­dem un­se­rer Gä­ste zugesetzt.

So, wie wir es hin­ge­kriegt ha­ben, war es schö­ner. Wir hat­ten den Ver­lag um zwölf Uhr ge­öff­net. Wer so früh an­rei­ste, konn­te in Bü­chern blät­tern und eine Tas­se Kaf­fee trin­ken. Um kurz vor drei war Sekt­emp­fang im Gast­hof, dann be­grüß­te ich die Gä­ste, und Erik Leh­nert hielt als Lei­ter des In­sti­tuts für Staats­po­li­tik den Eröffnungsvortrag.

Leh­nert sprach über “Be­we­gun­gen im Über­bau” und leg­te an­hand ei­nes Bei­trags von Karl­heinz Weiß­mann aus dem Jahr 2007 dar, war­um eine Zeit­schrift wie die un­se­re we­der ei­nen apo­ka­lyp­ti­schen Ton pfle­ge noch Ka­ta­stro­phen­hoff­nun­gen hege, son­dern seit ih­rer Grün­dung auf eine Ver­än­de­rung der gei­sti­gen Ge­stimmt­heit setz­te. (Leh­nerts Vor­trag, der auch ein Gang durch die Sta­tio­nen un­se­rer Zeit­schrift war, er­öff­net in schrift­li­cher Form die 113. Se­zes­si­on, die be­reits ge­druckt wird und nach Ostern aus­ge­lie­fert wird.)

Pro­fes­sor Hans Neu­hoff hielt den Haupt­vor­trag. Sein The­ma war “Der Ukrai­ne­kon­flikt und die neue Welt­ord­nung”. Neu­hoff knüpf­te auf un­se­re Bit­te hin an sei­nen breit wahr­ge­nom­me­nen und über­zeu­gen­den Vor­trag über die Vor­ge­schich­te des Kriegs in der Ukrai­ne an, den er im Rah­men der Geo­po­li­tik-Aka­de­mie un­se­res In­sti­tuts im ver­gan­ge­nen Sep­tem­ber ge­hal­ten hatte.

Neu­hoff wei­te­te das The­ma aus und be­schrieb den Drei­schritt von der bi­po­la­ren Welt­ord­nung des Kal­ten Krie­ges über die an­dert­halb Jahr­zehn­te dau­ern­de uni­po­la­re Welt­ord­nung je­ner ver­meint­li­chen Nach-Ge­schich­te nach der Wen­de hin zur asy­m­e­tri­schen mul­ti­po­la­ren Lage un­se­rer Zeit, in der mit dem Kon­flik­ten zwi­schen den USA und Ruß­land auf der ei­nen und den USA und Chi­na auf der an­de­ren Sei­te zwei brand­ge­fähr­li­che Macht­kämp­fe die näch­sten Jah­re prä­gen werden.

Neu­hoffs und Leh­nerts Vor­trä­ge wer­den eben­so im In­ter­net zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den wie El­len Ko­sitz­as Ein­blick in den In­nen­raum un­se­rer Auf­bau- und Durch­set­zungs­ar­beit. “Zwan­zig Jah­re Idea­lis­mus” hieß ihr Vor­trag, et li­bri et li­be­ri das Le­bens­mot­to, und was sie aus­führ­te, er­klärt wohl, war­um auch zum dies­jäh­ri­gen Som­mer­fest im Juli wie­der Hun­der­te un­se­rer Le­ser nach Schnell­ro­da kom­men wer­den: au­then­ti­sche Pro­fes­sio­na­li­tät und wi­der­stän­di­ger Idealismus.

Ich selbst trug knapp zum The­ma “Vom Vor­be­halt” vor, man wird aus­führ­lich dazu in der April-Se­zes­si­on le­sen können.

Björn Höcke band ab und be­rich­te­te über den frü­hen Aus­tausch, den wir bei­de pfleg­ten. Er setz­te nach hef­ti­gen, teils har­ten, je­den­falls stets scho­nungs­lo­sen Ge­sprä­chen und Brie­fen so­gar für eine Zeit aus — bis im Som­mer 2013 klar wur­de, daß sich eine ein­ma­li­ge Chan­ce böte und daß sie nur im Zu­sam­men­spiel von ent­schlos­se­ner Par­tei- und prä­zi­ser Denk­ar­beit am Schop­fe wür­de ge­packt wer­den können.

Was wei­ter? Wir wech­sel­ten von Tisch zu Tisch. Mit Chri­stoph Berndt sprach ich über die grund­sätz­li­chen Un­ter­schie­de zwi­schen Par­tei- und Ver­le­ger­ar­beit und noch ein­mal über den Vor­be­halt, der un­ser “Ma­chen” be­glei­ten soll­te, wenn wir uns nicht ver­lie­ren wol­len. Oli­ver Kirch­ner be­rich­te­te von Mol­da­wi­en und Trans­ni­stri­en und lud mich er­neut ein, ihn dort­hin zu be­glei­ten. Mit Ni­ko­laus Kra­mer ist es stets herz­lich und so, als kenn­ten wir uns schon lan­ge — ir­gend­et­was von La­ger­feu­er schwingt mit. Und Jörg Ur­ban? Er stieß noch recht spät vom Lan­des­par­tei­tag in Sach­sen dazu, war das er­ste Mal in Schnell­ro­da und ver­stand gleich, war­um es hier ist wie es ist…

Mit Ma­xi­mi­li­an Krah war´s ein Ge­frot­zel — so ist es bei­lei­be nicht im­mer, mit Frank Pa­se­mann war es, wie es stets mit le­sen­den, gu­ten Weg­ge­fähr­ten ist, und zu mei­ner, un­se­rer gro­ßen Freu­de fan­den sich alte Weg­ge­fähr­te ein, die un­se­re Ar­beit über Jah­re mittrugen.

Von die­sen Ge­sprä­chen kann ich des­halb kurz be­rich­ten, weil die­se Män­ner so­wie­so ganz und gar in der Öf­fent­lich­keit ste­hen und ihre Haut zu Mark­te tra­gen. Na­tür­lich wa­ren auch Si­mon Kieß­ling und So­phie Lieb­nitz, Di­mi­tri­os Kis­ou­dis und Jörg Sei­del, Eva Rex und Wig­go Mann und mein al­ter Freund, der Loci-Ver­le­ger, da, und wir ha­ben uns präch­tig unterhalten.

Aber nie­mand, der denkt und schreibt und liest und nicht ge­wählt wer­de will, muß sich aus­set­zen. Die De­nun­zia­ti­on und das mar­kier­te Le­ben in­ner­halb ei­ner wi­der­li­chen Zi­vil­ge­sell­schaft: Es reicht, wenn das die 1. Rei­he er­trägt, es ist so­gar ihr Stolz, daß sie es aus­hal­ten kann. Alle an­de­ren (und alle, die die­ses­mal kei­nen Platz fan­den) sol­len gern und mit dem si­che­ren Ge­fühl zu un­se­ren Ver­an­stal­tun­gen und Fe­sten kom­men, daß wir nicht mit ih­nen prahlen.

Ar­bei­ten in der Si­cher­heit des Schwei­gens — so stand es als Mot­to auf der Ein­la­dung. Nö­tig macht es der Riß, der durch die Ge­sell­schaft ge­trie­ben wird. Ein be­freun­de­ter Stein­metz über­rasch­te uns mit ei­nem Werk­stück zum Ju­bi­lä­um. Der an den Hän­den ge­ket­te­te Mann steht über dem Riß oder über­schrei­tet ihn. Se­zes­si­on im Gro­ßen und Gan­zen, Schrit­te über Grä­ben dort, wo es uns mög­lich ist. Es war wirk­lich eine schö­ne Feier!