Stil

Stil ist die Ein­heitlichkeit des Aus­drucks, geschaf­fen durch einen Geist, der eine Form find­et. In diesem Sinn kann ein Indi­vidu­um einen Stil haben, eben­so wie ein Kollek­tiv oder eine ganze Kul­tur, sofern es gelingt, im Poli­tis­chen wie im Kriegerischen wie im Religiösen, im Ökonomis­chen wie im Ästhetis­chen diese Ein­heitlichkeit zu gewährleis­ten. Stil gilt in der kon­ser­v­a­tiv­en Betra­ch­tungsweise als Aus­druck von Kraft, Selb­st­gewißheit, kul­tureller Blüte, während Bar­barei gekennze­ich­net wird durch Stil­losigkeit oder das Durcheinan­der aller Stile; Peri­o­den der Stilschwäche (Dekadenz) bes­timmt das geist­lose Tradieren oder Kopieren vorge­fun­den­er Muster. Dabei liegt jed­er Fest­stel­lung über Stil eine Wer­tung zugrunde, die nicht voll­ständig objek­tiviert wer­den kann.

Die Bewun­derung für Stil­sicher­heit, für das Stil­volle, für einen »großen Stil« hat mit der Wahrnehmung zu tun, daß sich der Stil nicht von selb­st her­stellt, daß Stil nichts Organ­is­ches ist, das aus dem Bere­ich des Nur-Vital­en (Natur) her­vorge­hen kann. Auf der anderen Seite ist auch nicht jed­er­mann fähig, einen Stil zu schaf­fen. Stil ist Aus­druck eines über­lege­nen Wil­lens, der mit ein­er gewis­sen Gewalt­samkeit dem Natür­lichen, dem Üblichen, dem Chao­tis­chen aufgezwun­gen wer­den muß, mit dem Ziel, ein gestal­tetes Ganzes zur Erschei­n­ung zu brin­gen, das son­st nicht zur Erschei­n­ung käme.

Damit sollte auch gek­lärt sein, daß Stil niemals nur eine Äußer­lichkeit ist, er gehört zur Sache selb­st, was für Lit­er­atur, Musik und Bildende Kun­st leichter nachvol­lziehbar scheint als für andere, weniger streng geprägte Bere­iche des men­schlichen Schaf­fens. Aber auch da gilt, daß es nicht darum gehen kann, »irgend­wie« zu sein, son­dern einen Stil auszuprä­gen, der ten­den­ziell in jed­er Leben­säußerung zur Gel­tung kom­men sollte. Ein Sachver­halt, der vor allem in Deutsch­land, angesichts der aus vie­len Quellen gespeis­ten Nei­gung zur Form­losigkeit, bloß schw­er ver­mit­tel­bar ist.

So stark das ästhetis­che Moment in allen Stil­fra­gen ist, gibt es doch auch einen Nutzen, den jed­er echte Stil in sich trägt, »da Leben nun ein­mal dauernd nur unter Form möglich ist« (Moeller van den Bruck). Das erk­lärt etwas von dem aus­geprägten Stil­willen funk­tion­stüchtiger Insti­tu­tio­nen wie etwa der katholis­chen Kirche, der preußis­chen Armee oder des japanis­chen Kaiser­hofs. Hier ist immer bewußt, daß das Gegen­teil von Stil nicht Frei­heit, son­dern Stil­losigkeit ist.

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Zitate:

Kul­tur ist vor allem Ein­heit des kün­st­lerischen Stils in allen Leben­säußerun­gen eines Volkes.
Friedrich Niet­zsche

Le style, c’€™est l’€™homme.
Mau­rice Bar­rès

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Lit­er­atur: