1619 — Die erste Girobank Deutschlands wird gegründet

Die erste Girobank Deutsch­lands wurde am 2. März 1619 in der Freien Reichsstadt Ham­burg gegrün­det — wenige Monate vor der Grün­dung des „Ban­co pub­li­co“ durch die Nürn­berg­er Kauf­mannschaft. Mit der Etablierung der Ham­burg­er Bank faßte die Abwick­lung bargeld­losen Zahlungsverkehrs unter Kau­fleuten auch im deutschen Raum Fuß. Mit dem angegliederten Lehn­banko erfol­gte par­al­lel der Ein­stieg ins Kred­it­geschäft — gegen Pfand­hin­ter­legung erhiel­ten Kau­fleute und die Stadt Ham­burg Kred­it. Wie der Name Giro ver­rät, war der bargeld­lose Zahlungsverkehr ursprünglich eine Erfind­ung ital­ienis­ch­er Kau­fleute und im Mit­telmeer­raum schon länger in Gebrauch.

Die Gründe für diese Form des Geld­verkehrs lagen zum einen in der Sicher­heit, zum anderen waren sie logis­tis­ch­er Natur — man mußte die schw­eren Gold- oder Sil­ber­münzen wed­er über lange Wege trans­portieren, noch kon­nten sie in die Hände von Dieben fall­en. Zugle­ich wirk­te der bargeld­lose Zahlungsverkehr ein­er Ver­schlechterung des Münzgeldes ent­ge­gen, die den Han­delsverkehr empfind­lich störte. Das Girosys­tem diente also auch der Geld­w­ert­sta­bil­ität. Ein weit­er­er Grund lag in der Münzver­wirrung.

Es war jedem Lan­desh­er­rn erlaubt, eigene Münzen zu prä­gen. Doch vor allem die bewußte Manip­u­la­tion von Münzen durch krim­inelle Münzfälsch­er war ein ern­stes Prob­lem. Die Ende des 16. Jahrhun­derts aufk­om­mende soge­nan­nte Kip­per- und Wip­per­in­fla­tion durch das betrügerische Beschnei­den oder Ein­schmelzen von Sil­ber­münzen und Neuprä­gen der Münzen unter Beimis­chung von Kupfer­an­teilen führte vor allem in Nord­deutsch­land zu ein­er grassieren­den Münzen­twer­tung. Vor­bild für die Grün­dung der Ham­burg­er Bank war die zehn Jahre zuvor gegrün­dete Ams­ter­damer Wis­sel­bank. Bei der Grün­dung der Ham­burg­er Bank hat­te man sich nicht nur am nieder­ländis­chen Vor­bild ori­en­tiert, son­dern sich auch der Erfahrung in Ham­burg leben­der englis­ch­er und nieder­ländis­ch­er Kau­fleute und por­tugiesis­ch­er Juden ver­sichert.

Mit der Ein­führung des bargeld­losen Zahlungsverkehrs erlebte auch das soge­nan­nte Buchgeld seine Pre­miere — Geld also, das in den Büch­ern der Bank ste­ht. Die Ham­burg­er Bank hat­te mit der „Mark Ban­co“ ein exk­lu­sives, nur von ihr ver­wen­detes Buchgeld. Die Ham­burg­er Bank wurde vom Rat der Stadt gegrün­det, war zunächst im Rathaus ange­siedelt und wurde unent­geltlich ver­wal­tet von zwei Sen­a­toren, zwei Gemein­deäl­testen der Ham­burg­er Haup­tkirchen, zwei Käm­mereibürg­ern und fünf Ban­cobürg­ern — Bürg­ern, die Ein­la­gen bei der Bank hat­ten. Kunde wurde man durch eine Min­destein­lage von 400 Lübis­chen Mark (Mar­ca Lubi­cen­sis), ein­er in den Hans­es­tädten Lübeck, Ham­burg, Wis­mar, Lüneb­urg, Ros­tock, Stral­sund und Anklam gel­tenden Münze. Um die Mark Ban­co han­dels­fähig zu machen, stand sie in einem Umrech­nungssys­tem zu anderen Währun­gen. Die Kau­fleute führten ihre Büch­er in Mark Ban­co, auch Großhan­dels- und Hypothekengeschäfte wur­den in dieser Buchgeld­währung getätigt.

Die Ham­burg­er Bank durch­lebte in den 356 Jahren ihrer Exis­tenz ver­schiedene schwere Krisen, die sie jedoch alle­samt über­stand. Ungedeck­te Kred­ite waren schon damals ein Prob­lem, hinzu kamen fortschre­i­t­ende Währungsver­schlechterun­gen. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhun­derts wurde, um der Währungsver­schlechterung ent­ge­gen­zus­teuern, als Unter­abteilung der Ham­burg­er Bank die Courant­bank ein­gerichtet — soge­nan­nte Kurant­münzen sind im Wert durch ihren realen Edel­met­all­ge­halt gedeckt, unter­liegen also nicht der all­ge­meinen Münzver­schlechterung (bei der Lübis­chen Mark war der Sil­ber­an­teil von 42 Gramm Fein­sil­ber im Jahr 1403 auf rund sieben Gramm Ende des 17. Jahrhun­derts kon­tinuier­lich gesunken).

Während der napoleonis­chen Beset­zung wur­den die Sil­berbestände der Ham­burg­er Bank geplün­dert. Eine Wirtschaft­skrise schloß sich an. Bei­des über­stand die Ham­burg­er Bank. Der bargeld­lose Zahlungsverkehr entwick­elte sich in Deutsch­land erst später, vor allem seit Beginn des 20. Jahrhun­derts, zum mark­t­be­herrschen­den Sys­tem. Da war die Ham­burg­er Bank schon Geschichte. Sie schloß zum 31. Dezem­ber 1875, wurde von der Reichs­bank über­nom­men und war sei­ther Reichs­bank-Haupt­stelle.

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Lit­er­atur:

  • Ste­fan Berg­er: Die Geschichte der Ham­burg­er Bank, Ham­burg 2008
  • Man­fred Pohl: Ham­burg­er Bankengeschichte, Mainz 1986