Nürnberg – Burg

Ober­halb der Alt­stadt Sankt Sebald ste­ht auf einem Sand­stein­rück­en das Wahrze­ichen der Stadt Nürn­berg. Der Kom­plex aus Kaiser­burg und Burggrafen­burg zwis­chen dem Neu­tor­graben und dem Vest­ner­tor­graben stammt wahrschein­lich aus dem frühen 11. Jahrhun­dert. Erst­mals sich­er erwäh­nt wird die Burg im Jahre 1105, als sie von König Hein­rich V. belagert wurde. Kaiser Friedrich I. Bar­barossa nutzte den Trutzbau zwis­chen 1156 und 1188 für mehrere fes­tliche Empfänge.

Die Burg Nürn­berg war auch für alle nach­fol­gen­den Könige häu­fig Res­i­den­zort, wo Hof- und Reich­stage stat­tfan­den und an dem sie immer wieder baut­en. 1356 legte die »Gold­ene Bulle« von Kaiser Karl IV. (Karl­stein, Prag) fest, daß kün­ftig jed­er neue Herrsch­er seinen ersten Reich­stag »in opp­i­da Nurem­berg« (in der Stadt Nürn­berg) abzuhal­ten habe. Bis 1571 resi­dierten alle Kaiser des Heili­gen Römis­chen Reich­es Deutsch­er Nation zeitweise auf der Burg.

Baugeschichtlich beste­ht die Anlage aus drei Teilen: 1. Die Reste der Hohen­zollern­schen Burggrafen­burg mit dem Fün­feck­turm in der Mitte und der Wal­bur­giskapelle. 2. Die Kaiser­burg mit dem auf­fäl­li­gen run­den Sin­well­turm, dem Tiefen Brun­nen, der Dop­pelka­pelle, der Keme­nate und dem Palas (Haupt­ge­bäude) im West­en. 3. Die städtis­chen Baut­en wie die ehe­ma­lige Kaiser­stal­lung von 1495 (heute Jugend­her­berge) und der Turm »Lug­ins­land« im Nor­den und Osten.

Ein Kurio­sum des Mit­te­lal­ters stellt die »Freiung« bei der Wal­bur­giskapelle aus dem 13. Jahrhun­dert dar. Sie tren­nte einst die Burggrafen­burg von der Kaiser­burg. Hier genossen Arme oder Ver­fol­gte Asyl­recht (Freiung). Unter­schlupf kon­nten hier Men­schen find­en, die durch Unfall, Alterss­chwäche, Armut oder Krankheit benachteiligt waren. Das Priv­i­leg der »Freiung« kon­nte aber auch bedeuten, daß strafrechtlich Ver­fol­gte inner­halb der Freiungs­gren­zen Asyl beka­men. Dies sollte in erster Lin­ie ein­er unkon­trol­lierten Schnelljus­tiz, wie im Fehdewe­sen üblich, oder ein­er Blu­tra­che durch Ver­wandte des Opfers vor­beu­gen.

Mit dem Bau der Kaiser­burg durch Kon­rad III. ab 1140 wurde in Nürn­berg ein Burggraf als Vertreter des Kaisers einge­set­zt. Im Jahre 1191 erlangte der schwäbis­che Adlige Friedrich III. von Hohen­zollern dieses Amt, das 1278 erblich wurde. In den fol­gen­den Jahren trübte sich das Ver­hält­nis zwis­chen den Burggrafen und der Stadt erhe­blich. Je größer und wirtschaftlich mächtiger Nürn­berg wurde, desto mehr emp­fan­den die Städter ihre anfangs dur­chaus begrüßte Sym­biose mit den Hohen­zollern als lästiges Hemm­nis. Die zunehmenden Span­nun­gen zwis­chen den Her­ren von Hohen­zollern, welche eine eigene Burg auf der Osthälfte des Burg­bergs besaßen, und der Stadt eskalierten im 14./15. Jahrhun­dert.

Nürn­berg zählte um 1400 mit etwa 20 000 Ein­wohn­ern zu den drei größten Städten im Deutschen Reich, nur Köln und Lübeck besaßen eine größere Bevölkerung. Vom Kaiser hat­te Nürn­berg das Recht zum Prä­gen eigen­er Münzen erhal­ten und 1385 auch die eigen­ver­ant­wortliche Gerichts­barkeit. Die Stadt wurde von einem selb­st­be­wußten Patriziat regiert, wobei die 42 Ratsstellen nur von ganzen 40 alteinge­sesse­nen Fam­i­lien beset­zt wur­den. Diese stolzen Tuch­er, Imhof, Behaim, Holzschuher und Kreß sahen nicht ein, sich dem Kom­man­do eines Burggrafen – sei es auch nur der Form hal­ber – zu fügen. Immer öfter kam es zu Reibereien, 1387 sog­ar zu ein­er kurzzeit­i­gen kriegerischen Auseinan­der­set­zung.

Um während ein­er jed­erzeit möglichen Belagerung ihre Wasserver­sorgung zu sich­ern, ließen die Hohen­zollern am Fün­feck­turm einen etwa 20 Meter tiefen Ziehbrun­nen anle­gen. Die Burggrafen woll­ten auf keinen Fall abhängig sein vom soge­nan­nten Tiefen Brun­nen, der bis 53 Meter abwärts reichte, aber auf dem Gebi­et der benach­barten Kaiser­burg lag. Damit den Burggrafen ihr Aufen­thalt in der Stadt möglichst für immer ver­lei­det würde, baut­en die Bürg­er 1377 inner­halb von reko­rd­verdächti­gen fünf Monat­en einen großen viereck­i­gen Turm neb­st Ring­mauer unmit­tel­bar neben der Grafen­burg. Sie nan­nten ihn »Lug­ins­land«, wobei seine Besatzung weniger ins Land, als vielmehr in den Innen­hof der Hohen­zollern­res­i­denz spähen sollte. Friedrich V. zog es daraufhin vor, Nürn­berg den Rück­en zu kehren und seine Res­i­den­zen in Franken auf der Cadolzburg und der Plassen­burg auszubauen.

Der Ein­fluß der Burggrafen in Nürn­berg beschränk­te sich mehr und mehr auf ihren eige­nen Bur­gen­teil und endete, als nach dessen Zer­störung durch bay­erische Trup­pen der let­zte Burggraf, Friedrich VI. (bekan­nter als Friedrich I., erster Kur­fürst von Bran­den­burg aus dem Haus Hohen­zollern), seine städtis­chen Besitztümer 1427 an den Rat der Stadt Nürn­berg verkaufte. Jahrhun­derte blieb die Burg im Besitz der Stadt und ging dann 1806 im Zuge der Enteig­nung aller ehe­ma­li­gen deutschen Reichsstädte in das Eigen­tum des Kön­i­gre­ich­es Bay­ern über.

Nach ein­er bis zum Som­mer 2013 dauern­den Gen­er­al­sanierung sind von der Kaiser­burg heute zu besichti­gen: das Haupt­ge­bäude (der Palas) mit seinen reichaus­ges­tat­teten Kaiserz­im­mern, die roman­is­che Dop­pelka­pelle, der Tiefe Brun­nen und der Sin­well­turm sowie eine umfan­gre­iche Samm­lung von Waf­fen und Rüs­tun­gen.

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Lit­er­atur:

  • Erich Bach­mann: Kaiser­burg Nürn­berg. Amtlich­er Führer, Nürn­berg 1994
  • Bir­git Friedel: Die Nürn­berg­er Burg. Geschichte, Baugeschichte und Archäolo­gie, Peters­berg 2007