1229 — Kaiser Friedrich II. wird König von Jerusalem

Die Kreuz­nahme Friedrichs II. im Jahre 1215 bildete den Aus­gangspunkt für eine lange Ereigniskette, die schließlich in Jerusalem endete. Einge­bun­den war der Vor­gang in den säku­laren Kon­flikt zwis­chen römisch-deutschen Kaisern und den Päp­sten um die Vorherrschaft in der Chris­ten­heit, der für das deutsche Hochmit­te­lal­ter prä­gend war. Die Auseinan­der­set­zung gewann an Schärfe, als Friedrichs Vater, Hein­rich VI., Kon­stanze aus dem Hause Hauteville, die Erbtochter des nor­man­nis­chen Kön­i­gre­ichs Sizilien, heiratete (1186) und damit die weltliche Macht­ba­sis des römis­chen Pap­st­tums von Nor­den und Süden in die „stau­fis­che Zange“ zu nehmen dro­hte, nach­dem er seine Herrschaft in Sizilien und Unter­i­tal­ien befes­tigt hat­te. Hein­richs uner­warteter Tod (1197) ließ Friedrich II. als Mün­del des Pap­stes und Spiel­ball unter­schiedlich­er Inter­essen zurück.

Friedrich II. gelang es schließlich, gestützt auf sein sizil­ian­is­ches Erbe, den deutschen Königsthron und die Kaiser­würde (1220) zu errin­gen. Doch wie ist Friedrich in die Reichs­geschichte einzuord­nen, sofern man diese im 13. Jahrhun­dert bere­its als eine „deutsche“ betra­cht­en will? Soweit dies aus Selb­st- und Quel­len­zeug­nis­sen her­vorge­ht, betra­chtete der Staufer das Kön­i­gre­ich Sizilien als das Grav­i­ta­tion­szen­trum sein­er Macht. Fol­glich ver­schob sich die Justierung von Periph­erie und Zen­trum im Fokus Friedrichs II. im Ver­hält­nis zu seinen Vorgängern, deren Haus­macht auf dem Besitz der stau­fisch-schwäbis­chen Stamm­lande in Süd­deutsch­land beruhte. Sizilien, Unter­i­tal­ien und der cir­cum­mediter­rane Raum bilde­ten den Mit­telpunkt von Friedrichs Welt­bild. Die transalpinen Gebi­ete sein­er Vor­fahren hinge­gen blieben ihm fremd, wovon die geringe Zahl und die kurze Dauer sein­er Aufen­thalte nördlich der Alpen zeu­gen.

Seit dem Kreuz­zugsaufruf Urbans II. (1095) zur Befreiung der heili­gen Stät­ten der Chris­ten­heit in Palästi­na spielte die Kreuz­zugs­be­we­gung für die Macht- und Geis­tes­geschichte des Abend­lands eine bedeu­tende Rolle. Legit­i­ma­tion und Pres­tige von Herrsch­ern ließen sich ins­beson­dere durch eine erfol­gre­iche Kreuz­fahrt gewin­nen. Entsprechend lang ist die Liste der Großen, die das Kreuz nah­men, um nicht nur die Indul­genz, den Ablaß aller Sün­den, son­dern zudem Macht, Ein­fluß und Reich­tum zu gewin­nen. Beson­ders trat­en dabei die kapetingis­chen Könige Frankre­ichs und der franzö­sis­che Adel her­vor, welche die feu­dale Gesellschaft der Kreuz­fahrerre­iche dominierten. Anders als in Europa war hier die Erb­folge von Frauen möglich, und so avancierte Friedrich durch die Heirat (1225) mit Isabella/Jolante von Bri­enne zum „Prinzgemahl“ des Kön­i­gre­ichs Jerusalem und zum Regen­ten für seinen Sohn Kon­rad. Friedrich fiel die Auf­gabe zu, die seit 1219 wieder in sarazenis­chen Hän­den befind­lichen heili­gen Stät­ten, das heißt Beth­le­hem, Nazareth und vor allem Jerusalem, von den Ungläu­bi­gen zu befreien.

Vor dem Hin­ter­grund der Auseinan­der­set­zung mit dem Papst in Unter­i­tal­ien und durch Gre­gor IX. geban­nt, brach Friedrich im Spät­som­mer 1228 mit einem kleinen, durch Krankheit dez­imierten Heer von Brin­disi in die Lev­ante auf. Am 7. Sep­tem­ber lan­dete er mit sein­er Stre­it­macht in der wichtig­sten Stadt des Kön­i­gre­ichs, Akkon. Mit wirk­samer Unter­stützung durch die mächti­gen Barone des Kön­i­gre­ichs und die Rit­teror­den der Johan­niter und Tem­pler durfte er nicht rech­nen, so daß er sich nur auf die Kontin­gente der ital­ienis­chen Städte und die Trup­pen des Deutschen Rit­teror­dens, dessen Hochmeis­ter Her­mann von Salza ihn begleit­ete, stützen kon­nte.

Statt mit dem Schw­ert errang er durch diplo­ma­tis­che Ver­hand­lun­gen mit dem ayyu­bidis­chen Sul­tan al-Kamil im Ver­trag von Jaf­fa (18. Feb­ru­ar 1229) die Herrschaft über Jerusalem und einen Waf­fen­still­stand für zehn Jahre, wom­it ein enormer Pres­tigegewinn in der Chris­ten­heit ein­herg­ing. Durch diesen Erfolg gestärkt, aber schon in der Ken­nt­nis päp­stlich­er Angriffe in Apulien, brach der Kaiser nach Jerusalem auf, wo er am 18. März 1229 in der Grabeskirche die Kro­ne des Kön­i­gre­ichs ergriff. Friedrich ver­meldete den Großen der Chris­ten­heit mit einem Umlauf­schreiben seine Erfolge, die er nutzen wolle, um den Frieden zwis­chen ihm und der Kirche wieder­herzustellen. Auf eine förm­liche Krö­nung verzichtete er, um als Geban­nter keinen weit­eren Unwillen auf sich zu ziehen.

Bere­its am 19. März 1229 ver­ließ Friedrich die Stadt und erre­ichte Anfang Juni wieder Apulien, nach­dem er seine Unter­stützer im Kön­i­gre­ich Jerusalem, die Pisan­er und den Deutschen Orden, reich­lich mit Priv­i­legien, Resti­tu­ierun­gen von Bur­gen und Län­dereien sowie Geldzuweisun­gen bedacht hat­te. In diesem Sinne kön­nen der Kreuz­zug und die Krö­nung zu Jerusalem als ein Akt betra­chtet wer­den, um nicht zulet­zt mit dem Papst in Südi­tal­ien einen Aus­gle­ich zu erre­ichen, der ihm mit dem Ver­trag von St. Ger­mano (1230), für dessen Zus­tandekom­men vor allem der Hochmeis­ter Her­mann von Salza Enormes leis­tete, schließlich gelang. Für die Reichs­geschichte bleibt die Krö­nung zu Jerusalem besten­falls eine Fußnote, denn eine effek­tive stau­fis­che Herrschaft ließ Friedrich im Heili­gen Land nicht zurück, sein König­tum blieb ein eher deklara­torisches, allerd­ings eines, von dem eine kaum über­schätzbare legit­i­ma­torische Macht ausstrahlte. Friedrichs Sohn Kon­rad übte indes seine Königsh­errschaft niemals tat­säch­lich aus und war nie in Jerusalem. Erst mit Wil­helm II. betrat — wen­ngle­ich unter anderen Vorze­ichen — wieder ein deutsch­er Kaiser die Heilige Stadt (1898).

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Lit­er­atur:

  • Bodo Hechel­ham­mer: Kreuz­zug und Herrschaft unter Friedrich II. Hand­lungsspiel­räume von Kreuz­zugspoli­tik (1215–1230), Stuttgart 2004
  • Ernst Kan­torow­icz: Kaiser Friedrich der Zweite, Berlin 1927
  • Hans Eber­hard May­er: Geschichte der Kreuz­züge, Stuttgart 102005
  • Wolf­gang Stürn­er: Friedrich II., Darm­stadt 32009