Trifels – Reichsburg, Rheinland-Pfalz, oberhalb von Annweiler

Egal aus welch­er Him­mel­srich­tung man sich dem Trifels nähert, schon von weit­em sieht man die Burg auf dem Felsen­riff des 500 Meter hohen Son­nen­berges thro­nen. Durch je einen Bergsat­tel getren­nt erheben sich zwei weit­ere Bergkegel, die durch die Bur­gen Ane­bos und Schar­fe­neck bewehrt sind. Dieser Schutzver­bund machte den Trifels zu ein­er der sich­er­sten Bur­gen des Reich­es. Dieser topographis­chen Dre­it­eilung ver­dankt die Burg auch ihren Namen.

Die weit­ere Annäherung über die enge und kur­ven­re­iche Panora­mas­traße erlaubt immer wieder neue Sich­tach­sen auf das imposante Bau­mon­u­ment. Die let­zten Höhen­meter müssen in steilem Anstieg zu Fuß bewältigt wer­den. Der Auf­stieg führt um den Burgfelsen herum. Dabei fällt unser Blick neben den Resten der salis­chen Bur­ge­nan­lage aus dem 11. und 12. Jahrhun­dert auf Halb­scha­len­türme der Frühen Neuzeit. Die Haupt­burg betreten wir durch das neuzeitliche Tor, um das Auge auf das mod­erne Wach­haus und den mod­er­nen Pal­las zu wer­fen.

Der Trifels als die stau­fis­che Reichs­burg, die mit der Blüte des Hochmit­te­lal­ters gle­ichge­set­zt wird, beste­ht in ihren zen­tralen Auf­baut­en aus mod­ern­er Architek­tur. Damit ist diese Burg ein Parade­beispiel für die his­torische Asyn­chronität von Perzep­tion und real­er Bausub­stanz. Denn die Architek­tur entspricht auss­chließlich den Bedürfnis­sen nation­al­sozial­is­tis­ch­er Erin­nerungskul­tur. Sie ist der freien Phan­tasie weitaus näher als der mit­te­lal­ter­lichen Bausub­stanz des Trifels.

Wie kon­nte es dazu kom­men? Die Bedeu­tung des mit­te­lal­ter­lichen Trifels basiert auf drei  Aspek­ten: sein­er Funk­tion als Gefäng­nis und Schatztruhe des Reich­es sowie sein­er großen Nähe zum Staufer­geschlecht. Bere­its unter den Saliern wird die Burg als Gefäng­nis genutzt. Der Mainz­er Erzbischof Adel­bert saß 1113 bis 1115 als Gefan­gener auf dem Trifels. Der bekan­nteste Gefan­gene aber war der englis­che König Richard Löwen­herz. Während des drit­ten Kreuz­zuges hat­te Löwen­herz den öster­re­ichis­chen Her­zog Leopold bei der Belagerung von Akkon schw­er belei­digt. Auf seinem Rück­weg vom Heili­gen Land wurde er in Öster­re­ich fest­ge­set­zt. Kaiser Hein­rich VI. erzwang von Leopold die Aus­liefer­ung des königlichen Häftlings, der sich als Gefan­gener im Früh­jahr 1193 kurzzeit­ig auf der Burg befand. Mit der Begle­ichung von 23 Ton­nen Sil­ber erhielt der englis­che König seine Frei­heit wieder. Diese enorme Summe an Geld ermöglichte dem Staufer, seine Erbansprüche an das Kön­i­gre­ich Sizilien durchzuset­zen. 1194 eroberte er das nor­man­nis­che Südi­tal­ien. Sein Wider­sach­er Tankred von Lec­ce wurde eben­falls auf dem Trifels inhaftiert.

Seit 1125 war der Trifels neben anderen Auf­be­wahrung­sorten auch Schatztruhe der Reich­sklein­o­di­en. Neben ihrem materiellen Wert lag ihre eigentliche Bedeu­tung jedoch in ihrer sym­bol­is­chen Natur. Sie waren die Insignien der recht­mäßi­gen Herrschaft und zugle­ich sakrale Legit­i­ma­tion der von Gott ver­liehenen Autorität. Während des Inter­reg­nums von 1250 bis 1273 wurde er zum her­aus­ra­gen­den Hort der Reichsin­signien (Karl­stein). In dieser Zeit des Macht­vaku­ums mate­ri­al­isierten sie den Reichs­gedanken. 1194 wurde auch der erbeutete Nor­man­nen­schatz hier unterge­bracht.

Und nicht zulet­zt betrieb das Staufer­geschlecht eine Herrschaft­skonzen­tra­tion mit und um den Trifels. 1125 über­gab Kaiser Hein­rich V. die Reich­sklein­o­di­en dem stau­fis­chen Her­zog Friedrich von Schwaben zur Auf­be­wahrung auf dem Trifels. Dieser sym­bol­is­che Akt prägt die Rolle des Trifels im Selb­stver­ständ­nis der Staufer­dy­nas­tie. Die 1214 erfol­gte Ver­lei­hung der Stadtrechte und des Memo­ri­al­priv­i­legs an Annweil­er am Fuß des Trifels sind beredte Zeug­nisse hier­von.

Mit dem im Spät­mit­te­lal­ter ein­set­zen­den Bedeu­tungsver­lust des König­tums ver­lor auch der Trifels seine reichs­geschichtliche Stel­lung. An der Bausub­stanz nagte der Zahn der Zeit, bis die Nation­al­sozial­is­ten in den 1930er Jahren die Ruine für ihre poli­tis­chen Insze­nierun­gen ent­deck­ten. Mit der Umgestal­tung sollte durch die Architek­tur des Neubaus die Ver­bun­den­heit des Drit­ten Reich­es mit dem Ersten dargestellt wer­den. Alle Aspek­te dieses Planes hat­ten nur ein Ziel: Der Trifels sollte zu ein­er nationalen Wei­h­estätte wer­den. So erhielt der Auf­bau ein him­mel­wärts auf­streben­des Schema, mit drei geplanten Punk­ten. Im Turm soll­ten zwei  Wei­heräume übere­inan­der liegen. Die Kapelle als Raum des Alten Reich­es und ein sym­bol­is­ch­er Wei­her­aum als Raum des Drit­ten Reich­es. Bei­de Geschosse soll­ten durch den repräsen­ta­tiv­en dop­pelgeschos­si­gen Pal­las­saal ver­bun­den wer­den. Den Abschluß dieses Ensem­bles hätte das soge­nan­nte Führerhaus gebildet – etwas mod­i­fiziert ent­stand es ab 1954 als östlich­es Wach­haus.

Aber nicht nur die Bautätigkeit blieb in der jun­gen Bun­desre­pub­lik vir­u­lent, son­dern auch die seit dem Ende des 19. Jahrhun­derts aufgekommene Idee, die Burg wieder als Hort des Reichss­chatzes zu rekon­stru­ieren. Dazu wurde eine Auswahl der Reich­sklein­o­di­en erstellt. Seit 1989 beherbergt die Kapelle Nach­bil­dun­gen von Kro­ne, Zepter, Reich­sapfel, Schw­ert und Kreuz. Im Rah­men der 2010 eröffneten Ausstel­lung »Reichs­burg Trifels – Macht und Mythos« fand die Neupräsen­ta­tion der Schatzkam­mer ihren bish­eri­gen Abschluß.

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Lit­er­atur:

  • Beiträge zur Trifels­geschichte, Mainz-Gon­sen­heim 1996ff.
  • Fabi­an Link: Bur­gen und Bur­gen­forschung im Nation­al­sozial­is­mus. Wis­senschaft und Weltan­schau­ung 1933–1945, Köln 2014
  • Bern­hard Meyer/Sigmar Fit­ting: Burg Trifels, Mainz 1997