1631 — Magdeburg wird von der Katholischen Liga zerstört

Hin­ter dem harm­los klin­gen­den Ter­mi­nus „Magde­burg­er Hochzeit“ ver­birgt sich die Zer­störung der Stadt Magde­burg am 20. Mai 1631 durch die Trup­pen Kaiser Fer­di­nands II. und der Katholis­chen Liga, die unter dem Befehl von Johann Tser­claes von Tilly und Got­tfried Hein­rich von Pap­pen­heim standen. Den Aus­druck „Hochzeit“ soll Tilly selb­st geprägt haben, um die erzwun­gene Ver­mäh­lung zwis­chen dem Kaiser und der „Jungfrau Magde­burg“ zu beschreiben, was sich auf das Wap­pen­schild der Stadt bezieht, auf dem eine grüngek­lei­dete Magd (Jungfrau) zu sehen ist. Hin­ter­grund für diesen Euphemis­mus ist zudem der Ruf Magde­burgs als „Heilige Wehrstadt des Protes­tantismus“, die bis dahin allen Ver­suchen der Rekatholisierung wider­ste­hen kon­nte.

Fer­di­nand II. hat­te 1630 mit Albrecht von Wal­len­stein den Mann als Ober­be­fehlshaber der kaiser­lichen Trup­pen abge­set­zt, der für die erfol­gre­iche Kriegs­führung ver­ant­wortlich war. Nach der Ent­las­sung Wal­len­steins inter­ve­nierte Schwe­dens König Gus­tav II. Adolf im Som­mer 1630 unter dem Vor­wand der Ret­tung des Protes­tantismus im Reich, schlug wieder­holt die kaiser­lichen Heere und drängte den Kaiser immer mehr in die Defen­sive. Im Mai 1631 konzen­tri­erte sich der Kampf auf Magde­burg. Tilly zog die weit auseinan­der­liegen­den kaiser­lichen Trup­pen um Magde­burg zusam­men und kon­nte, durch die Trup­pen der Liga unter Pap­pen­heim ver­stärkt, mit nahezu 30000 Mann zur Belagerung Magde­burgs schre­it­en. Gus­tav Adolf, der mit seinem linken Flügel die Oder und mit seinem recht­en die Unterelbe im Auge behielt, wollte mit dem Zen­trum sein­er Stre­it­macht Magde­burg entset­zen, kam aber zu spät.

Die kleine schwedis­che Besatzung von 2000 Sol­dat­en, die durch 5000 Mann Bürg­er­miliz ver­stärkt wurde, hat­te zwar Mut und mit Kom­man­dant Diet­rich von Falken­berg einen entschlosse­nen Anführer, doch der Muni­tion­s­man­gel wurde immer drück­ender. Als am 4. Mai die Anfrage der Kaiser­lichen auf Über­gabe erfol­gte, waren sich Besatzung und Bürg­er­schaft noch weit­ge­hend einig. Als jedoch am 18. Mai eine erneute Anfrage erg­ing, zögerten sie schon. Am frühen Mor­gen des 20. Mai waren sie dann zu Ver­hand­lun­gen bere­it, aber ger­ade da hat­te Tilly bere­its zum Sturm ange­set­zt. Jed­er wußte, daß das die Ausübung des rohesten Kriegsrechts bedeutete.

Nach­dem Pap­pen­heim von der Nord­seite her den Sturm über die Bas­tio­nen zum Straßenkampf fort­ge­tra­gen hat­te, von den anderen Seit­en gle­ich­falls die Wälle genom­men waren und die Sol­dat­en schon ihrem Blut­durst und ihren son­sti­gen Gelüsten freien Lauf ließen, entwick­elte sich — wieder im Nor­den — eine Feuers­brun­st. Durch den hefti­gen Wind war die Stadt in nur weni­gen Minuten ein Glut­ofen und wurde zu einem flam­menden Infer­no, dem Sol­dat­en eben­so wie wehrlose Bürg­er zum Opfer fie­len. Bis tief in die Nacht hinein bran­nte Magde­burg und war danach ein wüster Haufen von Ruinen, aus denen zwei Wochen lang verkohlte Leichen zum Fluß befördert wur­den.

Schnell wurde gemunkelt, Diet­rich von Falken­berg habe den Brand geplant und die Aus­führung eini­gen ver­läßlichen Bürg­ern und Sol­dat­en, fanatis­chen Anhängern sein­er Partei, über­lassen. Damit habe er Tillys Beute und zugle­ich sein Heer im Augen­blick des Sieges ver­nicht­en wollen. Die ein­genommene Stadt wurde daher auch Lukrezia genan­nt, denn sie habe sich lieber selb­st zer­stört, als ihre Schande zu über­leben. Dem Fanatik­er — und ein solch­er war Falken­berg gewiß — mag die Ver­nich­tung von ca. 25000 Män­nern und Frauen als ein der protes­tantis­chen Sache adäquates Opfer erschienen sein. Beweise für eine solche Deu­tung fehlen, doch immer­hin kon­nten Tilly und Pap­pen­heim, die ihr Heer aus dem Reich­tum Magde­burgs hat­ten ernähren und bezahlen wollen, genau das nicht mehr tun.

Die Nachricht von der Ver­nich­tung Magde­burgs kam über Europa wie ein Schreck­enss­chlag. Während selb­st in Wien bei den Dankgottes­di­en­sten kein Jubel laut wurde, kam es in protes­tantis­chen Län­dern zu Aus­brüchen von unbeschreib­lich­er Empörung. Noch Jahre danach wur­den kaiser­liche Sol­dat­en, die um Gnade bat­en, mit der Erwiderung „Magde­burg­er Par­don“ niedergemacht. Das grausige Ereig­nis, das die Eroberung ihrer mil­itärischen Bedeu­tung beraubte, wurde als die vorsät­zliche Greueltat der Sieger dargestellt und ste­ht bis heute sym­bol­isch für die Ver­wüs­tun­gen, die der Dreißigjährige Krieg in Deutsch­land hin­ter­ließ. Es brauchte in Magde­burg mehr als 200 Jahre, um den Bevölkerungs­stand von 1631 wieder zu erre­ichen.

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Lit­er­atur:

  • Gün­ter Baru­dio: Der Teutsche Krieg. 1618–1648, Frank­furt a. M. 1985
  • Karl Bran­di: Ref­or­ma­tion und Gegen­re­for­ma­tion, München 1979
  • Matthias Puh­le: „…gantz ver­heeret!“ Magde­burg und der Dreißigjährige Krieg, Halle a. d. S. 1998
  • Cice­ly Veron­i­ca Wedg­wood: Der Dreißigjährige Krieg, München 1967