1810 — Andreas Hofer wird in Mantua hingerichtet

Die Gestalt Andreas Hofers ist untrennbar mit dem Auf­s­tand der Tirol­er gegen die Napoleonis­che Fremd­herrschaft ver­bun­den. Ursprünglich Land- und Gast­wirt sowie Wein- und Pfer­de­händler im Tirol­er Pas­seier­tal, wuchs Hofer eine Schlüs­sel­rolle zu, als Tirol von den poli­tis­chen und mil­itärischen Kon­flik­ten zwis­chen dem rev­o­lu­tionären Frankre­ich und Öster­re­ich betrof­fen war.

Hat­ten die europäis­chen Mächte mit den Koali­tion­skriegen zunächst die Wieder­her­stel­lung des franzö­sis­chen König­tums ver­fol­gt, ver­wan­delte sich das Ziel jedoch bald in die Abwehr des Herrschaft­sanspruchs Napoleon Bona­partes. Hofer, seit 1796 an Feldzü­gen beteiligt, stand dabei „auf der Seite der alten Mächte, in der heilen Welt der Kaiser und Bis­chöfe, die er als gerechte und gottge­wollte Autoritäten emp­fand“, so Hans Magen­schab. Hofer stand dabei in voller Übere­in­stim­mung mit sein­er Umge­bung — den Bauern, Wirten, Pfar­rern und Ver­wal­tern im Burggrafe­namt: Sie alle emp­fan­den Bona­parte nicht als Befreier, son­dern hat­ten seine Grenadiere als Ein­drin­glinge ken­nen­gel­ernt; sie hat­ten auch kein Ver­ständ­nis für die “neuen Ideen”, die das repub­likanis­che Frankre­ich ver­bre­it­ete und die nicht zulet­zt mit kirchen­feindlichen Ten­den­zen ein­hergin­gen.

Der Tirol­er Auf­s­tand erk­lärt sich jedoch erst vor dem Hin­ter­grund der Rolle Bay­erns. Statt wie bish­er mit Öster­re­ich gegen Napoleon zu kämpfen, wollte Bay­ern sein Gewicht auf Kosten Öster­re­ichs ver­größern und wech­selte die Seit­en. Als Folge von Napoleons Sieg in der Schlacht von Auster­litz mußte Öster­re­ich Gebi­etsver­luste hin­nehmen (Friedensver­trag von Preßburg vom 26. Dezem­ber 1805) und ver­lor Vorarl­berg und Tirol an Bay­ern, wodurch Nordi­tal­ien und Bay­ern direkt aneinan­der­rück­ten; der zen­trale Alpen­raum stand kom­plett unter napoleonis­ch­er bzw. napoleon­treuer Kon­trolle.

Das tra­di­tionell hab­s­bur­gis­che Tirol war damit unter bayrische Ver­wal­tung gefall­en. Die Steuern wur­den erhöht, das kirch­liche Leben behin­dert, religiöse Tra­di­tio­nen ignori­ert, die alte Tirol­er Ver­fas­sung abgeschafft. Tirol­er kon­nten zum Mil­itär­di­enst in die bayrische Armee einge­zo­gen wer­den. Diese Maß­nah­men führten schließlich zur Rebel­lion. Dabei wurde 1809 zum entschei­den­den Jahr für die Tirol­er und für Andreas Hofer. In Absprache mit dem öster­re­ichis­chen Erzher­zog Johann über­nahm Hofer den Ober­be­fehl über die Tirol­er Trup­pen und bere­it­ete den Auf­s­tand gegen die napoleonisch-bayrische Fremd­herrschaft vor, während Öster­re­ich in den Fün­ften Koali­tion­skrieg gegen Frankre­ich ein­trat. In den ersten drei Schlacht­en am Ber­gisel im Süden von Inns­bruck besiegten die Tirol­er unter Hofer die franzö­sis­chen und bayrischen Trup­pen. Daraus resul­tiert Hofers Ruf als Volk­sheld und „Alpen­re­bell“.

Da Öster­re­ich den Fran­zosen aber ins­ge­samt mil­itärisch unter­legen war, mußte der öster­re­ichis­che Kaiser Franz I. im Frieden von Schön­brunn (14. Okto­ber 1809) Napoleon gegenüber weit­ere Zugeständ­nisse machen, was u.a. auf die Preis­gabe Tirols hin­aus­lief. Der Ver­such der Tirol­er, ihre Eigen­ständigkeit und ihre Tra­di­tio­nen gegen eine fremde Über­ma­cht zu vertei­di­gen, war damit gescheit­ert. Vor diesem Hin­ter­grund war die vierte Schlacht am Ber­gisel (1. Novem­ber 1809) nur ein Nach­spiel und endete mit ein­er mil­itärischen Nieder­lage. Der Tirol­er Wider­stand löste sich auf, Hofer mußte flücht­en. Sein Ver­steck wurde jedoch ver­rat­en, so daß in der Nacht vom 27. auf den 28. Jan­u­ar 1810 die Ver­haf­tung erfol­gte. Nach Man­tua ver­bracht, wurde Hofer auf Napoleons direk­ten Befehl hin am 20. Feb­ru­ar 1810 hin­gerichtet. Napoleons Herrschaft kon­nte schließlich in den nach­fol­gen­den Befreiungskriegen (1813–15) been­det wer­den, als deren eigentlich­er Auf­takt der Tirol­er Auf­s­tand begrif­f­en wer­den kann.

Das Schick­sal Andreas Hofers wurde lit­er­arisch und filmisch vielfach ver­ar­beit­et. Hier sei nur auf Karl Immer­manns Dra­ma Andreas Hofer — Der Sand­wirt von Pas­seier (1828) hingewiesen, das von Goethe wie Heine gelobt wurde. In ein­er zweit­en Fas­sung (1834) stützte sich Immer­mann auf eigene Recherchen vor Ort und auf Gespräche mit Zeitzeu­gen.

– — –

Lit­er­atur:

  • Rein­hard Hey­den­reuter: Tirol unter dem bay­erischen Löwen. Geschichte ein­er wech­selvollen Beziehung, Regens­burg 2008
  • Hans Magen­schab: Andreas Hofer. Held und Rebell der Alpen, Wien 2007
  • Mein­rad Pizzini­ni: Andreas Hofer. Seine Zeit. Sein Leben. Sein Mythos, Wien 1984
  • Ilse Wol­fram: 200 Jahre Volk­sheld. Andreas Hofer auf der Bühne und im Film, München 2010