Berlin – Berliner Mauer

Die Berlin­er Mauer war Teil der innerdeutschen Gren­ze, die Deutsch­land infolge der mil­itärischen Nieder­lage der Wehrma­cht seit 1945 zuerst in vier Besatzungszo­nen, später in zwei Staat­en teilte. Für Berlin war ein Son­der­sta­tus vere­in­bart, der die Stadt in vier mil­itärische Ver­wal­tungssek­toren teilte. Beschlossen wurde die Aufteilung allerd­ings bere­its Ende 1944 in zwei soge­nan­nten Zonen­pro­tokollen.

Die poli­tis­che und ökonomis­che Sow­jetisierung sowie die schlecht­en wirtschaftlichen Bedin­gun­gen in der Sow­jetis­chen Besatzungszone (SBZ) ließen bere­its in den ersten Nachkriegs­jahren Mil­lio­nen Men­schen in die drei West­zo­nen fliehen. In Berlin wur­den erst­mals im Juni 1946 die Übergänge der SBZ zu den West­sek­toren für vier Monate geschlossen. Um den Exo­dus zu stop­pen und die Zonen­gren­zen zu überwachen, ent­stand im sel­ben Jahr in der SBZ eine »deutsche Gren­zpolizei«.

1948 wurde auf Weisung der Sow­jetis­chen Mil­itärad­min­is­tra­tion (SMAD) eine Polizeifor­ma­tion »Ring um Berlin« gebildet, durch die um die gesamte Stadt herum Kon­trollen durchge­führt wur­den, was vor allem die Abwan­derung aus dem sow­jetis­chen Ein­flußbere­ich ver­hin­dern sollte.

Zum endgülti­gen Bruch zwis­chen den Alli­ierten kam es im Juni 1948. Als Reak­tion auf die in den West­zo­nen durchge­führte Währungsre­form sper­rten die Sow­jets sämtliche Zugangswege nach West-Berlin, so daß die Ver­sorgung über die »Luft­brücke« sichergestellt wer­den mußte. Als mit dem Deutsch­land­ver­trag vom 26. Mai 1952 offiziell die Besatzung­sh­errschaft der drei West­al­li­ierten endete, befahl die sow­jetis­che Besatzungs­macht die umge­hende Schließung der innerdeutschen Gren­ze seit­ens der SBZ/DDR. Auf ein­er Länge von 1393 Kilo­me­tern zog sich die Demarka­tion­slin­ie durch Deutsch­land und um den west­al­li­ierten Teil Berlins.

Das DDR-Paßge­setz von 1954 stellte die soge­nan­nte Repub­lik­flucht unter Strafe. Das Straf­maß umfaßte eine Haft­strafe (†’Bautzen – Gefäng­nis) von bis zu drei Jahren. Im Jahr 1957 erfol­gte eine weit­ere Ver­schär­fung der Bes­tim­mungen, wodurch bere­its die Vor­bere­itung oder der Ver­such der Repub­lik­flucht straf­bar wur­den. Den­noch stieg die Zahl der Flüchtlinge weit­er, und die meis­ten von ihnen sucht­en ihren Weg über die weit­er­hin offe­nen Sek­toren­gren­zen in Berlin.

»Nie­mand hat die Absicht, eine Mauer zu erricht­en!« erk­lärte Wal­ter Ulbricht am 15. Juni 1961 auf ein­er Pressekon­ferenz. Doch vom 3. bis 5. August 1961 fand in Moskau eine Kon­ferenz der Parteiführer der Warschauer-Pakt-Staat­en statt. Das Polit­büro der SED unter Ulbricht erhielt hier die Vor­gaben zur Gren­z­abriegelung. Das Ziel war die Sta­bil­isierung der DDR. Der Hauptein­satzstab stand unter Leitung des ZK-Sekretärs Erich Honeck­er, der die Gren­zschließung koor­dinierte.

Am Son­ntag, den 13. August begann um ein Uhr nachts die sys­tem­a­tis­che Abriegelung der Gren­ze um West-Berlin. Mit­glieder der soge­nan­nten Volks- und Gren­zpolizei sowie Ange­hörige von Betrieb­skampf­grup­pen der DDR block­ierten die 81 Straßenübergänge und beset­zten die Zonen­grenzbahn­höfe. Der Nahverkehr zwis­chen den bei­den Stadthälften wurde dauer­haft unter­brochen. Lediglich der Bahn­hof Friedrich­straße blieb als Umsteige­bahn­hof für den Inter­sek­toren­verkehr nutzbar.

In der Nacht vom 17. auf den 18. August began­nen Bautrup­ps die Stachel­drahtsper­ren durch eine Mauer aus Hohlblock­steinen und Beton­plat­ten zu erset­zen. Im Sep­tem­ber und Okto­ber wur­den unmit­tel­bar an der Gren­ze gele­gene Häuser zwangs­geräumt und mehr als 2 000 Bewohn­er aus ihren Woh­nun­gen ver­trieben. Im Ergeb­nis ent­stand eine Gren­ze mit 63 Kilo­me­tern bebautem, 32 Kilo­me­tern bewalde­tem und 22 Kilo­me­tern offen­em Gelände sowie 37 Kilo­me­tern Wasser­gren­ze.

Ent­lang der Gren­ze ent­stand auf knapp 42 Kilo­me­tern die soge­nan­nte Grenz­mauer 75, weit­ere 59 Kilo­me­ter bestanden aus der Mauer der drit­ten Gen­er­a­tion in Plat­ten­bauweise, und 68 Kilo­me­ter wur­den durch Streck­met­al­lza­un begren­zt. Ein 15 bis 150 Meter bre­it­er »Todesstreifen« wurde angelegt. In kurz­er Ent­fer­nung von ein­er Hin­ter­lands­mauer fol­gte ein Sig­nalza­un mit mehreren unter elek­trisch­er Span­nung ste­hen­den Dräht­en, an denen bei Berührung Alarm aus­gelöst wurde. Es fol­gten Abschnitte mit Erd­bunkern, Beobach­tungstür­men und Hun­de­la­u­fan­la­gen, ein licht­tras­sen­gesäumter Kolon­nen­weg, ein gehark­ter Sand­streifen und ein KfZ-Sper­rgraben vor der weißgestrich­enen Grenz­mauer. Auf der Mauerkro­ne lag eine Rohrau­flage, die das Überklet­tern ver­hin­dern sollte.

Am 15. August 1961 war der 19jährige Gren­zpolizist Con­rad Schu­mann über den Stachel­draht in den West­en geflüchtet. Er war der erste von über 2500 Gren­z­sol­dat­en, die sich durch eine Flucht in den West­en dem Gren­z­di­enst ent­zo­gen.

Am 24. August 1961 ver­suchte der 24jährige Gün­ter Litfin über die nahe der Char­ité gele­gene S‑Bahntrasse nach West-Berlin zu flücht­en. Er wurde dabei von Gren­zpolizis­ten erschossen und damit das erste Todes­opfer von allein an der Berlin­er Mauer 136 Men­schen, die zumeist durch den Ein­satz von Schußwaf­fen zu Tode kamen.

Über­all wurde nach Schlupflöch­ern in der Mauer gesucht. Im Inter­zo­nen­zug fuhren Flüchtlinge als getarnte Aus­län­der, Autos wur­den umge­baut, Men­schen in Kof­fern ver­steckt, Diplo­mat­en als Fluchthelfer gewon­nen, Bal­lons gebaut und Flucht­tun­nel unter den Gren­zan­la­gen gegraben.

Trotz der tödlichen Bedro­hung und viel­er gescheit­ert­er Fluchtver­suche gelang es in den 28 Jahren der Teilung Deutsch­lands 40.101 Men­schen, aus der DDR in den West­en zu fliehen. 5.075 der Flüchtlinge über­wan­den die Sper­ran­la­gen in Berlin. Ende der 1980er Jahre geri­et die DDR durch wirtschaftliche Schwierigkeit­en, oppo­si­tionelle Grup­pen und den Reformkurs der Sow­je­tu­nion zunehmend unter Druck.

Um dem enor­men Flüchtlingsstrom Herr zu wer­den, wurde eine neue Rei­severord­nung ent­wor­fen. Am 9. Novem­ber 1989 gab das SED-Polit­büromit­glied Gün­ter Sch­abows­ki auf ein­er inter­na­tionalen Pressekon­ferenz die neuen Regelun­gen bekan­nt, wonach DDR-Bürg­ern ohne Vor­liegen von Grün­den die Aus­reise aus der DDR ermöglicht wer­den sollte. Auf die Frage eines Jour­nal­is­ten, ab wann diese Regelung gelte, war Sch­abows­ki nicht vor­bere­it­et und antwortete: »Sofort, unverzüglich.« Als wenig später west­liche Nachricht­en melde­ten, die Mauer sei offen, strömten Zehn­tausende Berlin­er an die Gren­ze und über­querten diese erst­mals von Ost nach West und von West nach Ost.

Heute ist die Berlin­er Mauer, deren Reste als East­side Gallery zu besichti­gen sind und deren Ver­lauf durch eine Dop­pel­rei­he von Pflaster­steinen nachvol­l­zo­gen wer­den kann, ein Sym­bol für die staatliche Teilung der deutschen Nation im 20. Jahrhun­dert. Auf der ganzen Welt ste­hen Mauerteile, die an die glück­liche Fügung der Wiedervere­ini­gung erin­nern.

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Lit­er­atur:

  • Gabriele Camphausen/Maria Nooke: Die Berlin­er Mauer. Ausstel­lungskat­a­log, Doku­men­ta­tion­szen­trum Berlin­er Mauer, Dres­den 2002
  • Deutsches Nation­alkomi­tee für Denkmalschutz (Hrsg.): Die Berlin­er Mauer. Vom Sper­rwall zum Denkmal, Bonn 2009
  • Kai Diek­mann: Die Mauer. Fak­ten, Bilder, Schick­sale, München 2011