1176 — Barbarossa unterliegt in der Schlacht bei Legnano

Die Stadt Chi­aven­na nördlich vom Com­er See gehörte 1176 zum deutschen Her­zog­tum Schwaben. Hier trafen Anfang Feb­ru­ar die bei­den mächtig­sten Män­ner Europas zusam­men: Kaiser Friedrich I., genan­nt „Bar­barossa“, und Hein­rich der Löwe, Her­zog von Sach­sen und Bay­ern. Es fand eine drama­tis­che Unterre­dung statt, wobei Friedrich den Her­zog um Waf­fen­hil­fe bat. Die Szene endete damit, daß der Kaiser sog­ar auf die Knie fiel.

Als Hein­rich der Löwe in Chi­aven­na ein­traf, war er 46 Jahre alt und kon­nte auf eine erfol­gre­iche poli­tis­che Lauf­bahn zurück­blick­en. Seit 1142 Her­zog von (Nieder-)Sachsen und seit 1156 von Bay­ern, hat­te er seine Län­dereien klug regiert, die Wirtschaft gefördert, Städte wie Lübeck gegrün­det, andere wie München oder Schw­erin aus­ge­baut. Der Her­zog aus dem Welfengeschlecht erwies sich anfangs als treuer Reichs­fürst und ging mit seinem kaiser­lichen Cousin Friedrich 1154/55 und 1159 auf Kriegszug nach Ital­ien. Der lag in ständi­gem Stre­it mit dem Papst und einem mächti­gen Bund ober­i­tal­ienis­ch­er Städte, der „Lega Lom­bar­da“, zu der u.a. Bologna, Bres­cia, Cre­mona, Gen­ua, Man­tua, Pad­ua, Venedig und Verona gehörten.

Sinn und Zweck dieser Feldzüge, bei denen Friedrich mehrfach schwere Schlap­pen erlitt und sog­ar über die Alpen nach Deutsch­land fliehen mußte, leuchteten Hein­rich immer weniger ein. Ihm ging es darum, sein Ter­ri­to­ri­um mit der Res­i­denz Braun­schweig ökonomisch zu stärken und Neu­land im dünnbe­siedel­ten Osten zu erschließen.

Im Win­ter 1174/75 befand sich der Kaiser wieder in argen mil­itärischen Nöten. Er hat­te verge­blich sechs Monate lang die ihm beson­ders ver­haßte Stadt Alessan­dria belagert; danach begann ihm das Geld auszuge­hen. Er war gezwun­gen, den größten Teil sein­er Stre­it­macht zu ent­lassen. In höch­ster Not bat nun Friedrich den Her­zog Hein­rich um eine Zusam­menkun­ft in Chi­aven­na. Hier wies der Löwe alle Bit­ten um Waf­fen­hil­fe ab. Er sei „zu jed­er Dien­stleis­tung bere­itwillig“, würde dem Kaiser auch Gold, Sil­ber und alles son­st Nötige zur Ver­fü­gung stellen, werde aber wed­er aktiv in die Kämpfe ein­greifen noch Rit­ter oder Knechte für einen erneuten Feldzug auf­bi­eten. Selb­st als der Kaiser fle­hentlich auf die Knie fiel und ihn an seine Lehen­spflicht erin­nerte, ver­wies Hein­rich kühl auf die beste­hende Recht­slage, wonach er außer­halb der deutschen Lande zu kein­er Unter­stützung des Kaisers verpflichtet sei.

Voller Unver­nun­ft wagt Bar­barossa den Kampf mit seinen zahlen­mäßig über­lege­nen Wider­sach­ern. Am Mor­gen des 29. Mai 1176 läßt er die Zelte des Heeres bei dem Städtchen Cari­mate abbauen um die Eroberung Mai­lands in Angriff zu nehmen. Das Heer des Städte­bun­des marschiert der­weil auf die Stadt Leg­nano, 30 Kilo­me­ter nord­west­lich von Mai­land, zu. Eine Vorhut der Lom­bar­den (gebildet von Milizen aus Lodi, Novara und Ver­cel­li) wird am frühen Vor­mit­tag von 300 deutschen Rit­tern in die Flucht geschla­gen, woraufhin Friedrich die Offen­sive befiehlt.

Die lom­bardis­che Infan­terie hat sich im Zen­trum der Schlacht in drei Rei­hen mit gestreck­ten Spießen um ihren „Car­roc­cio“ ver­schanzt, einen von mehreren Ochsen gezo­ge­nen Kriegswa­gen, der das Wap­pen der Stadt trägt, ver­gle­ich­bar mit der späteren Trup­pen­fahne. Von der kaiser­lichen Kaval­lerie wer­den sie schw­er dez­imiert, hal­ten aber unter Führung von Alber­to da Gius­sano so lange stand, bis von der recht­en Flanke her eine gewaltige Ver­stärkung ein­trifft — vor allem Reit­erei aus Bres­cia und Infan­terie aus Mai­land. Im Kampf fällt der Fah­nen­träger der Deutschen, sog­ar das Kriegsroß des Kaisers wird getrof­fen. Am Nach­mit­tag ist die Schlacht entsch­ieden. Bar­barossas Män­ner flücht­en sich nach Pavia und in den Tessin. Ihre Ver­luste sind schw­er, mehrere vornehme Rit­ter fall­en in Gefan­gen­schaft, darunter Graf Berthold von Mer­an.

Nach dieser ekla­tan­ten Nieder­lage sah sich Friedrich I. gezwun­gen, 1177 mit dem Papst Frieden zu schließen. Einige Jahre später erkan­nte er auch die innere Autonomie der ital­ienis­chen Städte an. Hein­rich der Löwe wurde für seine schroffe, aber poli­tisch vernün­ftige Entschei­dung schw­er gedemütigt. Der Kaiser ent­zog ihm bei­de Her­zogtümer und ver­ban­nte ihn ins Exil nach Eng­land. Der Landbe­sitz Hein­richs wurde an die kaiser­lichen Vasallen verteilt. Somit ent­stand hier die erste Ursache für die ter­ri­to­ri­ale Zer­split­terung des Reich­es der Deutschen.

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Lit­er­atur:

  • Pao­lo Cau: Die 100 größten Schlacht­en, Kla­gen­furt 2007
  • Knut Görich: Friedrich Bar­barossa. Eine Biogra­phie, München 2011
  • Hel­mut Hiller: Hein­rich der Löwe. Her­zog und Rebell, Frank­furt a. M. 1985