1386 — Sieg der Schweizer über die Habsburger bei Sempach

Der Name Leopold besaß für das Haus Hab­s­burg stets einen unheil­verkün­den­den Beigeschmack, zumin­d­est wenn es um mil­itärische Belange ging. Her­zog Leopold I. hat­te im Jahre 1314 gegen die Schweiz­er Urkan­tone am Mor­garten eine ver­heerende Nieder­lage erlit­ten. Seinem Nef­fen Leopold III. erg­ing es 72 Jahre später noch schlim­mer, er ver­lor nicht nur die Schlacht, son­dern auch sein Leben.

Die Schweiz­er Urkan­tone Uri, Schwyz und Unter­walden hat­ten sich seit Ende des 13. Jahrhun­derts gegen die Ober­herrschaft der Hab­s­burg­er erfol­gre­ich gewehrt. Ihrer 1291 durch den soge­nan­nten Rütlis­chwur gegrün­de­ten Eidgenossen­schaft trat­en bis 1353 auch Luzern, Zürich, Glarus, Zug und Bern bei, sie nan­nten sich stolz die „acht alten Orte“.

Her­zog Leopold III. von Öster­re­ich wollte aber seine hab­s­bur­gis­chen Stamm­lande nicht kampf­los aufgeben. Der 34jährige rüstete zum entschei­den­den Feldzug. Nach ein­er Heer­schau in Brugg (Kan­ton Aar­gau) zog er Ende Juni 1386 mit etwa 5000 Kriegern, wovon 1500 Rit­ter waren, zunächst gegen Luzern. Ihr Anmarsch wurde von Schweiz­er Späh­ern rasch bemerkt. Während Leopolds Heer von Nor­den über das Städtchen Sursee am gle­ich­nami­gen See süd­wärts auf Sem­pach marschierte, konzen­tri­erten die Schweiz­er ihre Haupt­stre­it­macht östlich davon bei Gisikon an der Reuß.

Am Mor­gen des 9. Juli 1386 brach das Rit­ter­heer unter Führung des Feld­haupt­manns Johann von Ochsen­stein nach Sem­pach auf, wo man eher zufäl­lig auf die Schweiz­er Vorhut stieß. Das Gelände der Schlacht war von ver­schiede­nen Hin­dernissen wie Viehzäu­men und Baum­grup­pen durch­schnit­ten. Es begün­stigte die Vertei­di­ger, zumal die gepanz­erten Män­ner Leopolds beim Sturm auf den Geg­n­er bald unter der glühen­den Mit­tagshitze lit­ten.

Als die Haupt­macht der Eidgenossen von Gisikon ein­traf und den Rit­tern in den Rück­en fiel, mußten diese sich einigeln. An ihrem Wall aus lan­gen Lanzen zer­brach zunächst die keil­för­mige Schlach­tord­nung der Schweiz­er, die schon beim ersten Anprall 60 Mann ver­loren. Doch schließlich gelang es, eine Schneise in den Wall zu schla­gen und in die gepanz­erte For­ma­tion einzu­drin­gen.

Die Schweiz­er benutzten dabei eine rel­a­tiv neue Waffe im Nahkampf. Der Stadtschreiber Kon­rad Justinger aus Bern berichtete: “Es hat­ten die Schweiz­er auch gewisse über­aus furcht­bare Mord­waf­fen in den Hän­den, welche in jen­er Volkssprache “helnbarten” genan­nt wer­den. Mit denen kon­nten sie auch die am stärk­sten bewaffneten Geg­n­er wie mit einem Scher­mess­er zerteilen und in Stücke hauen.”

Diese etwa zwei Meter lange Waffe, Helle­barde oder auch „Mor­daxt“ genan­nt, besaß mehrere Klin­gen: eine lange, dünne Stoßspitze, das Axtblatt zum Zer­brechen der Rüs­tung und den gegenüber­liegen­den Ham­merkopf zum Zertrüm­mern von Knochen. Zwei Schaftfed­ern aus Stahl schützten den hölz­er­nen Griff gegen Hieb­waf­fen. Viele Helle­bar­den führten auch noch einen Wider­hak­en, mit dessen Hil­fe man Reit­er an den Verbindungsstellen ihres Har­nischs vom Pferd ziehen kon­nte.

Für das Heer Leopolds endete die Schlacht im Debakel. Von Panik wur­den zuerst die Waf­fen­träger ergrif­f­en, welche die Pferde der Reit­er hiel­ten. Sie ran­nten davon und nah­men den Rit­tern damit die Möglichkeit, sich einiger­maßen geord­net zurück­zuziehen. Im anschließen­den Gemet­zel fan­den etwa 200 Adlige und 1100 Mann Fußvolk den Tod. Unter den Gefal­l­enen befan­den sich auch Her­zog Leopold und Johann von Ochsen­stein.

Im Zusam­men­hang mit der Schlacht bei Sem­pach bericht­en die Quellen über eine Meth­ode, wie man eine eingeigelte Lanzen­for­ma­tion durch­brechen kon­nte. Sie bestand darin, daß ein beson­ders couragiert­er Krieger seinen Spieß entwed­er quer auf die Lanzen des Geg­n­ers legte und sie auf den Erd­bo­den nieder­drück­te oder ihre Enden ergriff, um eine Bresche in die Kamp­ford­nung der Lanzen­träger zu schla­gen, wodurch die kürz­eren Helle­bar­den mit Erfolg einge­set­zt wer­den kon­nten. Das kostete den Tapfer­en gewöhn­lich das Leben.

Bei Sem­pach soll ein gewiss­er Arnold Winkel­ried aus Stans diesen tödlichen Part über­nom­men haben. Im Zen­trum der schriftlichen Über­liefer­ung ste­ht der Satz, mit dem der Held seinen Opfer­tod erk­lärt: „Ich will der Frei­heit eine Gasse machen.“ Die Gestalt des Winkel­ried und Sem­pach als Schlacht aller Schlacht­en waren emi­nent wichtig für das Nation­al­be­wußt­sein der Schweiz­er. „Erst von da an gab es eine starke, geachtete und gefürchtete Eidgenossen­schaft, aus welch­er nach und nach ein beson­der­er Staat zu erwach­sen begann“, heißt es in einem Geschichts­buch der Schweiz von 1883. Inter­es­san­ter­weise sind die bei­den größten Schweiz­er Nation­al­helden Wil­helm Tell und Arnold Winkel­ried keine realen Per­so­n­en, son­dern Jahrhun­derte später auf­tauchende Mys­ti­fika­tio­nen.

– — –

Lit­er­atur:

Lit­er­atur:

  • Hubert Gun­dolf: Um Öster­re­ich! Schlacht­en unter Hab­s­burgs Kro­ne, Graz 1995
  • Georg Kreis: Schweiz — Nation­alpäd­a­gogik in Wort und Bild, in: Moni­ka Flake (Hrsg.): Mythen der Natio­nen, München 1998
  • Hans Rudolf Kurz: Schweiz­er­schlacht­en, Bern 21977