Als der Habsburger Karl 1520 zum deutschen König gekrönt wurde, begrüßte Martin Luther den neuen Herrscher hoffnungsvoll als „junges, edles Blut“. Daß Karl, 1530 vom Papst zum Kaiser gekrönt, mehr als dreißig Jahre später den unerhörten und bis dahin völlig undenkbaren Schritt ging und auf seine Macht verzichtete, hat allerdings nicht zuletzt mit Luther zu tun. Karl bekam die Folgen der Reformation nicht in den Griff und konnte seine Vorstellung von einer Universalmonarchie nicht durchsetzen.
Nach seinem Sieg gegen die protestantischen Landesfürsten im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 unternahm Karl den Versuch, die seit der Reformation auf eine Entscheidung wartende Religionsfrage „von oben“ zu lösen, was allerdings unter den Reichsfürsten wachsende Opposition zur Folge hatte. Die Lage eskalierte, als Karls europäischer Widersacher, Heinrich II. von Frankreich, auf die Seite des Fürstenbundes trat und in Lothringen einmarschierte.
Schon bald darauf rückte die Armee des Fürstenbundes in die habsburgischen Erbländer ein und bedrohte Karl, der in Innsbruck saß. Seine Lage war verzweifelt, denn es fehlten ihm Geld und Soldaten, seine Verbindung in die Niederlande war gekappt, im Reich hatte er keine Alliierten. Damit war Karls Politik der harten Hand gegenüber den Protestanten gescheitert, so daß er Verhandlungen mit ihnen aufnehmen mußte. Im Passauer Vertrag vom 2. August 1552 mußte er ihnen in wichtigen Punkten nachgeben, verweigerte jedoch den Religionsfrieden. Dieser sollte erst später auf dem Reichstag zu Augsburg hergestellt werden (25. September 1555). Metz, das er von Oktober 1552 bis Januar 1553 belagerte, konnte der Kaiser den Franzosen nicht entreißen. Nahezu gebrochen, zog er danach in die Niederlande und betrat nie mehr deutschen Boden.
Nach diesen Fehlschlägen mußte Karl V. einsehen, daß die mittelalterliche Idee von der Einheit der Christenheit, für die er sein ganzes Leben gestritten hatte, keine Kraft mehr besaß. Jetzt legte er alle seine Kronen nieder. In einem feierlichen Staatsakt übergab er die Niederlande am 25. Oktober 1555 zu Brüssel seinem Sohn Philipp. In dem dortigen Schloß sprach er, gestützt auf Wilhelm von Oranien, über sein Leben und seine Politik, wobei er auch seine Fehler erwähnte. Am Ende sagte Karl V., er wolle seine Länder seinem Sohn Philipp übergeben, das Reich seinem Bruder Ferdinand. Das bedeutete die Aufspaltung der Habsburger in die spanische und die österreichische Linie.
Am 16. Januar 1556 erfolgte die Übergabe von Kastilien, Aragonien, Sizilien und der Länder der Neuen Welt an Philipp, der bis 1598 König von Spanien bleiben sollte. Schwieriger lagen die Dinge im Reich. Ferdinand (bereits 1531 zum deutschen König gewählt) befürchtete von einer Übertragung der Kaiserwürde zu Karls Lebzeiten — sie war reichsrechtlich ein völliges Novum — den Ausbruch einer akuten politischen Krise im Reich, deren Folgen angesichts des seinerzeit in Europa herrschenden Kriegszustands unübersehbar waren. Seine Herrschaftsgebiete, darunter die Habsburger Erblande, sah er wegen der Türkengefahr, der Forderungen der Protestanten und des Kriegs mit Frankreich bedroht. Erst am 3. August 1556 dankte Karl V. ab, doch sollte das Interregnum bis zum Herrschaftsantritt Ferdinands fast 600 Tage dauern.
Trotz Karls Abschiedsbrief an den Kurfürsten von Mainz vom 5. August 1556 und seiner am 12. September 1556 den Kurfürsten zugestellten Abdankungsurkunde war in deren Kollegium ein Konsens nicht so schnell herzustellen, denn man bewegte sich auf reichsgeschichtlichem Neuland. Es dauerte bis zum 25. Februar 1558, ehe in Frankfurt am Main der von Ferdinand I. einberufene Kurfürstentag eröffnet werden konnte. Die Kurfürsten akzeptierten Karls Vorstellungen, beanspruchten jedoch nicht bloß ein Zustimmungsrecht zu seiner Abdankung, sondern ebenso ein Mitwirkungsrecht bei der Übertragung der Herrschaft an Ferdinand.
Speziell weil der Kaiser noch lebte, machten sie Ferdinands Zustimmung zu dieser Übertragung zur Bedingung der Abdikation Karls. Nachdem diese erfolgt war, verhandelten die Kurfürsten zunächst über eine neue Wahlkapitulation, die Ferdinand beschwören mußte. Erst danach kam es am 14. März 1558 im Frankfurter Dom zu dem reichsgeschichtlich einmaligen Herrscherwechsel, der weder Wahl noch Krönung genannt werden kann.
Da aber hatte sich Karl, von Schwermut befallen, schon lange in eine Villa bei dem Kloster Yuste in der Extremadura zurückgezogen, wo er den Rest seiner Tage zubrachte und am 21. September 1558 verstarb. Mit Karl V. endete für die deutsche Geschichte nun wirklich das universale Mittelalter; doch die zerbrochene Glaubenseinheit, die er nicht hatte reanimieren können, mündete schließlich in Gegenreformation und den Dreißigjährigen Krieg.
Literatur:
- Karl Brandi: Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreiches, München 61961
- Alfred Kohler: Karl V. 1500–1558. Eine Biographie, München 1999