Bloom, Allan David, Philosoph, 1932–1992

Bloom wurde am 14. Sep­tem­ber 1932 in Indi­anapo­lis geboren. Nach Lehrtätigkeit in Yale, Cor­nell und Toron­to war Allan Bloom ab 1979 als Pro­fes­sor im Com­mit­tee on Social Thought der Uni­ver­sität Chica­go tätig. Unter allen Schülern des poli­tis­chen Philosophen Leo Strauss war Bloom zweifel­los der promi­nen­teste. Sein kul­turkri­tis­ches Buch The Clos­ing of the Amer­i­can Mind (dt. Der Nieder­gang des amerikanis­chen Geistes) von 1987, das zu einem spek­takulären Best­seller wurde, legte Zeug­nis ab von einem unab­hängi­gen und idiosynkratis­chen Geist und kann als Ini­tialzün­dung ein­er, wenn nicht der Inten­tion, so doch der Wirkung nach, kul­turkon­ser­v­a­tiv­en Kri­tik an den Ver­heerun­gen der Stu­den­ten­re­bel­lion der sechziger Jahre ange­se­hen wer­den.

Zwar lehnte Bloom für sich selb­st die Beze­ich­nung Kon­ser­v­a­tiv­er ab, doch dis­tanzierte er sich eben­sosehr vom gängi­gen Lib­er­al­is­mus, der sich von sein­er Fundierung durch das Natur­recht ver­ab­schiedet hat­te und nicht länger bestrebt war, die ursprünglichen Absicht­en (orig­i­nal intent) der amerikanis­chen Grün­derväter zu bes­tim­men. Indem er das Schick­sal der human­is­tis­chen akademis­chen Bil­dung zum Ansatzpunkt sein­er Gegen­wart­skri­tik machte, traf er einen Nerv der kul­tur­poli­tis­chen Diskus­sion in den USA, die längst ent­lang der »zwei Kul­turen « im Sinne Gertrude Him­mel­farbs ver­lief, d. h. ein­er Kul­tur, die von den linken Ten­den­zen der sechziger Jahre geprägt war, und ein­er Kul­tur, die sich den tra­di­tionellen kon­ser­v­a­tiv­en Werten verpflichtet fühlte. Diese poli­tis­che Rah­menbe­din­gung führte indes auch zu verz­er­rten Deu­tun­gen des Werkes von Bloom unter poli­tisierten und moral­is­tis­chen Vorze­ichen, so daß sich Bloom mit einigem Recht als erstes Opfer der poli­tis­chen Kor­rek­theit betra­chtete.

Kri­tik entzün­dete sich u. a. an Blooms Deu­tun­gen des Ein­flusses deutsch­er Philoso­phie auf den kul­turellen Nieder­gang der Vere­inigten Staat­en, was auch die Rezep­tion sein­er Kul­turkri­tik in Deutsch­land neg­a­tiv bee­in­flußte. Obwohl sich Bloom als »fre­und­schaftlich­er« Kri­tik­er der lib­eralen Demokratie west­lich­er Prä­gung ver­stand, wurde ihm von linken Kri­tik­ern vorge­wor­fen, The Clos­ing of the Amer­i­can Mind sei eines der anti­demokratis­chsten Büch­er, das jemals für ein demokratis­ches Pub­likum geschrieben wurde (B. Bar­ber). Die Tat­sache, daß Blooms philosophis­che Erörterun­gen als Demokratiekri­tik ver­standen wur­den, erk­lärt einen großen Teil der hefti­gen Ablehnung, die seinem Buch auf der akademis­chen Linken wider­fuhr.

Bere­its in sein­er Dis­ser­ta­tion über die poli­tis­che Philoso­phie des attis­chen Red­ners Isokrates von 1953/1955 (Uni­ver­sität Chica­go) machte Bloom das Ver­hält­nis des denk­enden Men­schen zur Demokratie zu seinem The­ma, das dann im Best­seller von 1987 ungeah­nte Bre­it­en­wirkung erlan­gen sollte. Bloom entwick­elte seine Kri­tik der gegen­wär­ti­gen Ver­fas­sung Amerikas, vor allem des Zus­tands der amerikanis­chen Uni­ver­sitäten, ihrer Pro­fes­soren und Stu­den­ten, in der Auseinan­der­set­zung mit Pla­ton, Rousseau, Toc­queville und Niet­zsche, sowie – eher verdeckt – auch mit Leo Strauss.

Blooms kri­tis­che Über­legun­gen über den Niveau­ver­lust im Bil­dungswe­sen gaben der Diskus­sion über Wesen und Auf­gabe der Bil­dung in der Demokratie wichtige Impulse. Seine kom­men­tierten Über­set­zun­gen von Rousseaus E‰mile und Brief an d´€™Alembert über das The­ater sowie von Pla­tons Politeia prägten auch sein späteres kul­turkri­tis­ches Denken stark. Bloom inter­essierte sich stark für die wech­sel­seit­ige Erhel­lung von schön­er Lit­er­atur und poli­tis­ch­er Philoso­phie; in seinem pos­tum erschienen Buch Love and Friend­ship (1993) kri­tisierte er den Nieder­gang des Eros in der Mod­erne und zielte darauf ab, Liebe und Fre­und­schaft wieder in das Zen­trum der poli­tis­chen Philoso­phie zu rück­en. Blooms Leben und Werk wer­den auf kaum ver­schlüs­selte Weise in Saul Bel­lows Roman Rav­el­stein (2000) präsen­tiert, der Bloom nochmals Aufmerk­samkeit ver­schaffte. Im Zusam­men­hang mit dem Irakkrieg von 2003 gewann Bloom (eben­so wie L. Strauss) erneut eine vorder­gründi­ge Aufmerk­samkeit, weil einige sein­er Schüler, an erster Stelle Paul Wol­fowitz sowie Abram Shul­sky, hohe Posi­tio­nen in der Bush- Regierung (Vertei­di­gungsmin­is­teri­um) ein­nah­men. Inwiefern diese Tat­sache allerd­ings Licht auf die poli­tisch-philosophis­che Lehre Blooms wirft, bleibt umstrit­ten.

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Zitat:

Sozi­olo­gen und alle diejeni­gen, die deren Ansicht­en ver­bre­it­en, die Jour­nal­is­ten aller Art, nen­nen alles Kul­tur – die Dro­genkul­tur, die Rock-Kul­tur, die Straßen­ban­denkul­tur, und so weit­er ohne Ende und ohne jeden Unter­schied. Das Scheit­ern von Kul­tur ist heute eine Kul­tur.

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Schriften:

  • The Clos­ing of the Amer­i­can Mind. How High­er Edu­ca­tion Has Failed Democ­ra­cy and Impov­er­ished the Souls of Today’s Stu­dents, New York 1987 (dt. Der Nieder­gang des amerikanis­chen Geistes, Ham­burg 1988)
  • Giants and Dwarfs. Essays 1960–1990, New York 1990
  • Love and Friend­ship, New York 1993

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Lit­er­atur:

  • William K. Buckley/James Seaton (Hrsg.): Beyond Bash­ing and Cheer­ing. New Per­spec­tives on The Clos­ing of the Amer­i­can Mind, Bowl­ing Green 1992
  • Till Kinzel: Pla­tonis­che Kul­turkri­tik in Ameri­ka. Stu­di­en zu A. B.s The Clos­ing of the Amer­i­can Mind, Berlin 2002
  • Wal­ter Nic­gors­ki: A. B.: Strauss, Socrates, and Lib­er­al Edu­ca­tion, in: Ken­neth L. Deutsch/John A. Mur­ley (Hrsg.): Leo Strauss, the Straus­sians, and the Amer­i­can Regime, Lan­ham 1999
  • Robert L. Stone (Hrsg.): Essays on The Clos­ing of the Amer­i­can Mind, Chica­go 1989