Berlin – Bendlerblock

Der wohlhabende Berlin­er Rats­baumeis­ter und Kom­mu­nalpoli­tik­er Johann Christoph Bendler kaufte im Jahre 1837 ein Are­al zwis­chen dem Tier­garten und dem Floß- oder Schaf­graben, dem späteren Landwehrkanal. Dort errichtete der gel­ernte Mau­r­er mehrere kom­fort­able Villen, und nach Bendlers Tod 1873 wurde die hier ent­standene Straße seinem Namen gewid­met.

In dieser Bendler­straße, inzwis­chen nicht mehr am Rande Berlins gele­gen, erbaut­en die Architek­ten Hein­rich Rein­hardt und Georg Süßenguth zwis­chen 1911 und 1914 einen Gebäudekom­plex für die Nutzung durch die ober­sten Marine­di­en­st­stellen des Deutschen Reich­es. Rein­hardt und Süßenguth hat­ten sich in Preußen ein großes Renom­mee durch den Bau von Rathäusern in Char­lot­ten­burg, Span­dau, Steglitz und Trep­tow erwor­ben. Auf dem Grund­stück an der Köni­gin-Augus­ta-Straße 38 bis 43 (später Tir­pitzufer, heute Reich­pi­etschufer) ent­stand eine fün­fgeschos­sige Bau­gruppe mit mehreren begrün­ten Innen­höfen. Ihre Haupt­front am Landwehrkanal entsprach mit ein­er stren­gen Gestal­tung im Stil des Neok­las­sizis­mus dem Wun­sch des Bauher­rn nach ein­er »ein­fachen, vornehmen, möglichst schmuck­losen, aber doch anspruchsvollen Architek­tur«.

Die Marinebe­hör­den erhiel­ten zur Jahrhun­der­twende auf Wun­sch Kaiser Wil­helms II. immer wichtigere Befug­nisse, so daß sie ein eigenes Dien­st­ge­bäude benötigten. Das Haupthaus am Landwehrkanal war als Dien­st­sitz für den Staatssekretär im Reichs­marineamt vorge­se­hen, bis 1916 war das der leg­endäre Großad­mi­ral Alfred von Tir­pitz, Schöpfer der deutschen Kriegs­flotte. Die Rich­tung Osten liegende Gebäude­seite bezog der Admi­ral­stab der Kaiser­lichen Marine und den Ost­flügel an der Bendler­straße 14 (heute Stauf­fen­bergstraße) das soge­nan­nte Marinek­abi­nett. Let­zteres war dem Kaiser als per­sön­lich­es Sekre­tari­at für Angele­gen­heit­en der Flotte direkt unter­stellt.

Auf den Nach­bar­grund­stück­en der Bendler­straße 10 bis 13, die 1926 vom Staat erwor­ben wur­den, ent­standen bis 1938 zusät­zliche An- und Neubaut­en nach Entwür­fen des Architek­ten Wil­helm Kreis. Das Oberkom­man­do der Wehrma­cht ließ 1938 nach Plä­nen von Richard Bie­len­berg und Josef Moser einen zusät­zlichen Erweiterungs­bau anle­gen. Zu jen­er Zeit erhielt der kas­te­nar­tige Gebäudekom­plex seinen inof­fiziellen, aber all­ge­mein gebräuch­lichen Namen: »Bendlerblock«.

Den größten Teil des Bendlerblocks an der gle­ich­nami­gen Straße nutzten der Befehlshaber des Ersatzheeres und Chef der Heeres­rüs­tung, Gen­er­al Friedrich Fromm, sowie das All­ge­meine Heere­samt im Oberkom­man­do des Heeres unter Führung von Gen­er­al Friedrich Olbricht. Dessen Stab­schef wurde im Juni 1944 Oberst Claus Schenk Graf von Stauf­fen­berg. Im Bendlerblock waren auch Teile der Seekriegsleitung im Oberkom­man­do der Kriegs­ma­rine sowie die wichtig­sten Dien­st­stellen des für Spi­onage zuständi­gen Amtes Ausland/Abwehr unter Admi­ral Wil­helm Canaris unterge­bracht. Im Amt Ausland/Abwehr ent­stand 1938 die erste mil­itärische Wider­stand­szen­trale. Eine Gruppe um Gen­er­al Hans Oster plante den Sturz des NS-Regimes. Sie schreck­te dabei auch nicht vor ekla­tan­tem Lan­desver­rat zurück, indem sie etwa 1940 den West­al­li­ierten die deutschen Kriegspläne gegen Frankre­ich zus­pielte. Oster wurde dafür noch im April 1945 hin­gerichtet.

Davon unab­hängig bildete sich im Ost­flügel des Bendlerblocks eine weit­ere Gruppe von Wider­ständlern um Gen­er­al Friedrich Olbricht. Sie manip­ulierte einen Geheim­plan mit dem Deck­na­men »Walküre«, der für die Nieder­schla­gung inner­er Auf­stände gedacht war. Ihr Ziel bestand darin, nach ein­er Ermor­dung Adolf Hitlers eine sofor­tige Beset­zung aller mil­itärischen und zivilen Schalt­stellen durch die Putschis­ten zu ermöglichen. Am 20. Juli 1944 ver­sam­melten sich im Bendlerblock nach dem Stauf­fen­berg-Atten­tat die führen­den Män­ner des Auf­s­tandsver­such­es, darunter der ehe­ma­lige Gen­er­al­stab­schef Lud­wig Beck und der ent­lassene Gen­er­aloberst Erich Hoep­n­er. Bere­its am Abend scheit­erte das Unternehmen an der Unentschlossen­heit viel­er Ver­schwör­er und an der ablehnen­den Hal­tung der einzel­nen Wehrma­cht­teile. In der Nacht zum 21. Juli ließ Gen­er­al Fromm Stauf­fen­berg und drei sein­er Mit­täter erschießen, Beck wurde zum Selb­st­mord genötigt (Berlin – Plötzensee).

Zum Gedenken an die Wider­ständler des 20. Juli wurde 1953 im großen Innen­hof des Bendlerblocks ein Ehren­mal errichtet. Es han­delt sich um eine von dem schon zu NS-Zeit­en hochgeschätzten Bild­hauer Richard Scheibe ent­wor­fene Bronze­fig­ur, die einen jun­gen Mann mit gefes­sel­ten Hän­den darstellt. Dazu gehört auch die Inschrift: »Ihr trugt die Schande nicht, Ihr wehrtet Euch, Ihr gabt das große ewig wache Zeichen der Umkehr, opfer­nd Euer heißes Leben für Frei­heit, Recht und Ehre

1955 erfol­gte die Umbe­nen­nung der Bendler­straße in Stauf­fen­bergstraße, und fünf Jahre später wurde im Ehren­hof eine Gedenk­tafel ange­bracht, welche die Namen der 1944 hier erschosse­nen vier Offiziere trägt. Nach der Entschei­dung des Bun­destages für Berlin als deutsche Haupt­stadt nutzt das Vertei­di­gungsmin­is­teri­um den Bendlerblock seit Sep­tem­ber 1993 als zweit­en Dien­st­sitz. Hier befind­et sich auch eine 2009 eingewei­hte zen­trale Gedenkstätte für die Gefal­l­enen der Bun­deswehr.

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Lit­er­atur:

  • Der Bendlerblock, hrsg. von der Gedenkstätte Deutsch­er Wider­stand, Berlin 2011
  • Denkmale in Berlin. Reichs­marineamt mit Gedenkstätte für die Opfer des 20. Juli 1944 und Ehren­mal im Hof & Bendlerblock, hrsg. von der Sen­atsver­wal­tung für Stad­ten­twick­lung und Umwelt, Berlin o. J.