Kreta – Fallschirmjägerdenkmal

»II. Batail­lon, Sturm­reg­i­ment / Im Kampf auf Kre­ta vom 20.–28. 5. 1941 / Malemes, Galatas, Kastel­li, Cha­nia / Euch Toten gehört der Dank, die ihr fern der Heimat getreu eurem Fahneneid das Leben gabet unserem Großdeutsch­land

Dies ist der Wort­laut der Inschrift des Denkmals für die auf Kre­ta gefal­l­enen Sol­dat­en der deutschen Fallschir­mjägertruppe. Zu find­en ist das Denkmal an der Nord­küste der Insel, etwa einen Kilo­me­ter außer­halb von Cha­nia, neben der alten Land­straße nach Kissamos. Errichtet wurde es im Som­mer 1941 und war dem II. Batail­lon des deutschen Luft­lande-Sturm-Reg­i­ments gewid­met, das im Früh­jahr 1941 im Raum Cha­nia unter hohen Ver­lus­ten maßge­blich an der Ein­nahme Kre­tas beteiligt war.

Über 70 Jahre nach sein­er Errich­tung scheinen die Tage des Fallschir­mjäger­denkmals gezählt. Dahin sind seit ger­aumer Zeit ohne­hin die Wirkung und Würde, welche die Anlage in den Jahrzehn­ten nach sein­er Ein­wei­hung aus­ges­trahlt hat­te. Imposant erhob sich der 15 Meter hohe Sock­el einst auf einem nur von Buschw­erk bewach­se­nen Hügel in der freien Land­schaft und in Sichtweite zur nahen Küste, erre­ich­bar über einen langge­zo­ge­nen Trep­pe­nauf­gang, der mit­tels mehrerer Absätze schon allein zum Innehal­ten ver­an­laßt haben muß. War allerd­ings bere­its Anfang 2001 nach einem schw­eren Sturm der riesige stürzende Adler als Wap­pen­tier der deutschen Fallschirmtruppe – das Hak­enkreuz, das Hoheit­sze­ichen des Drit­ten Reich­es, in den Fän­gen – von dem Sock­el ver­schwun­den, so ist der verbliebene Tor­so inzwis­chen hin­ter Wohn­häusern, einem Park­platz und ein­er Tankstelle sowie Strom­mas­ten, Müll und Bäu­men ver­steckt.

Die kretis­che Bevölkerung hat­te dem Denkmal den Namen »der deutsche Vogel«, wahlweise auch »der böse Vogel« gegeben, ging jedoch zumeist unaufgeregt mit dem Ehren­hain der ein­sti­gen Besatzer um. Die nahegele­gene Bushal­testelle trägt eben­falls den Namen »Der deutsche Vogel«. Unter­stützung gab es gar durch den ehe­ma­li­gen griechis­chen Par­ti­sa­nen Mano­lis Pat­er­akis. Seit­ens der griechis­chen Behör­den wurde das Denkmal auch nach Kriegsende stets geduldet, zumal der Bund deutsch­er Fallschir­mjäger über mehrere Jahrzehnte Pachtzahlun­gen entrichtete
und sich um die Pflege der Anlage bemühte. Die Ver­längerung des Pachtver­hält­niss­es scheit­erte dann jedoch eben­so wie Kaufver­hand­lun­gen an den Preisvorstel­lun­gen der Griechen. Gle­ichzeit­ig mehrten sich die Attack­en und Beschädi­gun­gen. Zwar fan­den sich immer wieder auch Parolen in griechis­ch­er Schrift, mit denen offen­bar gegen das »Besatzer­denkmal« protestiert wer­den sollte. Vor allem aber arbeit­eten sich zulet­zt wieder­holt deutsche »Antifaschis­ten« an dem Ehren­mal ab, denen die Vorstel­lung von einem ehren­den Andenken an die gefal­l­enen Sol­dat­en offen­bar so unerträglich ist, daß sie bis nach Kre­ta reisen, um dort mit Farbe und Sprüh­dosen Kühn­heit und Kampfes­mut freien Lauf zu lassen.

Mit hand­festen Werkzeu­gen wurde die Gedenkplat­te aus Mar­mor beschädigt. Und auch in der Heimat hält sich das Inter­esse an ein­er Bewahrung des Andenkens in Gren­zen. So wur­den in den neun­ziger Jahren auch an der Luft­lande- und Luft­trans­ports­chule der Bun­deswehr im ober­bayrischen Altenstadt, dem wohl bedeu­tend­sten deutschen Fallschir­mjäger­stan­dort, alle Straßen­beze­ich­nun­gen getil­gt, welche Namen von Fallschir­mjägern aus dem Zweit­en Weltkrieg tru­gen. Dafür ent­stand in Deutsch­land 2002 ein pri­vater Vere­in zur Erhal­tung des Ehren­mals, der seit­dem mit den baulichen und rechtlichen Her­aus­forderun­gen befaßt ist, die mit dem Bemühen um den Fortbe­stand ein­herge­hen. Zulet­zt berichtete der Vere­in von guter Unter­stützung durch die örtlichen Behör­den.

Es war die »Oper­a­tion Merkur« auf Kre­ta in den Tagen nach dem 20. Mai 1941, die den bis heute wirk­enden Nim­bus von der deutschen Fallschir­mjägertruppe als tol­lkühne, siegfried­hafte Draufgänger um ein beson­deres Kapi­tel bere­icherte. Zweck der Lan­dung war es gewe­sen, im Zusam­men­wirken mit Rom­mels Afrikako­rps dem britis­chen Wel­tre­ich im östlichen Mit­telmeer und Nahen Osten wichtige Ver­sorgungswege zu entziehen. Den Mythos der Unbe­sieg­barkeit beförderte nicht zulet­zt die NS-Führung selb­st. Kre­ta – Sieg der Kühn­sten. Vom Heldenkampf der
Fallschir­mjäger, so lautete etwa der Titel eines Bild­ban­des, den der für das Unternehmen »Merkur« ver­ant­wortliche Gen­er­al, Kurt Stu­dent, ein Jahr danach her­aus­gab. Im Geleit­wort Her­mann Görings ste­ht: Kre­ta – »Ein Denkmal für den bedin­gungslosen Opfer­mut des Fallschir­mjägers, der selb­st in aus­sicht­slos­es­ten Lagen noch unbeir­rbar an den Sieg glaubt
und die Über­ma­cht des Geg­n­ers eben­sowenig fürchtet wie den Tod«.

Deut­lich in den Hin­ter­grund rück­en dabei die deutschen Aus­fälle. Von den ins­ge­samt 15 000 Fallschir­mjägern waren neben 2 594 Ver­wun­de­ten 2 071 Tote und 1 888 Ver­mißte zu bekla­gen. Zahlre­iche Fallschir­mjäger wur­den noch in der Luft getötet oder ver­wun­det – oder am Boden bru­tal mas­sakri­ert, was später wiederum Vergel­tungs­maß­nah­men der Deutschen an kretis­chen Zivilis­ten nach sich zog. Angesichts der hohen Ver­luste auf Kre­ta hät­ten diese Fallschir­mjäger-Reg­i­menter im August und Sep­tem­ber ander­norts als Speer­spitze der Panz­erko­rps für schnelle Oper­a­tio­nen in die Tiefe gefehlt, urteilt etwa der frühere Fallschir­mjäger­gen­er­al und Amtschef des Mil­itärgeschichtlichen Forschungsamts (MGFA), Gün­ter Roth, der den erfol­gre­ichen Schlag auf Kre­ta deshalb als Pyrrhussieg bew­ertet.

Über­liefert ist neben zahlre­ichen Erleb­nis­bericht­en das Schick­sal der Brüder von Blüch­er aus dem thüringis­chen Mühlhausen. Nach Ende des Nor­we­gen- und West­feldzuges ab dem 1. August 1940 zur Bewirtschaf­tung des Fam­i­liengutes beurlaubt, kehrte der Ober­leut­nant Wolf­gang Graf von Blüch­er im Früh­jahr 1941 als Zugführer zum Fallschir­mjäger-Reg­i­ment 1 zurück und nahm so an der Lan­dung auf Kre­ta teil. Am 21. Mai 1941 wurde der 24jährige Rit­terkreuzträger dabei am Flug­platz von Her­ak­lion durch Fein­dein­wirkung tödlich ver­wun­det. Am gle­ichen Tag fie­len zwei sein­er Brüder, Leberecht und Hans-Joachim, eben­falls auf Kre­ta. Die Mut­ter erfuhr die näch­sten vier Wochen nichts über das Schick­sal ihrer drei Söhne. Den let­zten Brief hat­te sie von Wolf­gang aus Athen erhal­ten, während der Bere­it­stel­lung zum Angriff auf Kre­ta. Erst als die Reste des Reg­i­ments am 20. Juni 1941 in Sten­dal ein­trafen, informierte man die Mut­ter über das Schick­sal
der drei Söhne. Der vierte Brud­er, Ober­leut­nant zur See Adolf Graf von Blüch­er, wurde auf­grund des Todes sein­er Brüder aus dem Wehr­di­enst ent­lassen. Er ver­sah dann den Forst­di­enst auf dem Gut sein­er Frau in Meck­len­burg, wo er am 8. Juni 1944 bei ein­er Groß­jagd tödliche Ver­let­zun­gen erlitt.

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Lit­er­atur:

  • Arnold D. Harvey/Franz Uhle-Wet­tler: Kre­ta und Arn­heim. Die größten Luft­lande­op­er­a­tio­nen des Zweit­en Weltkriegs, Graz 2004
  • Jean-Yves Nasse: Fallschir­mjäger auf Kre­ta. Das Unternehmen »Merkur«, Stuttgart 2006