Romantik

Roman­tik ist zuerst die Beze­ich­nung jen­er geisti­gen Bewe­gung, die am Ende des 18. Jahrhun­derts gegen die Aufk­lärung sowie den Ratio­nal­is­mus und Ide­al­is­mus gerichtet ent­stand. Was ihre Strö­mungen ver­band, war die prinzip­ielle Frontstel­lung gegen die Annahme eines durchgängig nach vernün­fti­gen Prinzip­i­en han­del­nden autonomen Sub­jek­ts, das unab­hängig von allen konkreten natür­lichen und his­torischen Bedin­gun­gen sich selb­st und die Welt erken­nen und neu machen kann.

Soweit die Roman­tik auf das Feld des Poli­tis­chen über­griff, lassen sich – nach Hans-Christof Kraus – fünf Zen­tralele­mente ein­er poli­tis­chen Roman­tik fest­stellen:

  1. die Wiederi­nacht­set­zung von Kon­ti­nu­ität und Über­liefer­ung gegen die Rev­o­lu­tion,
  2. die Ablehnung ein­er strik­ten Schei­dung von Men­sch und Natur; der Men­sch gilt als Teil ein­er göt­tlichen und natür­lichen Ord­nung der Welt,
  3. die Erneuerung der Stän­de­ord­nung als ein­er der Gesellschaft adäquat­en, weil geschichtlich gewach­se­nen »organ­is­chen« (Ganzheit) Gliederung,
  4. die enge Verknüp­fung von Poli­tik und Reli­gion, ins­beson­dere die Legit­i­ma­tion des Staates als christlich­er Staat,
  5. die Kri­tik des Wirtschaft­slib­er­al­is­mus, vor allem da, wo die Indus­tri­al­isierung zu unhalt­baren sozialen Ver­hält­nis­sen führte und deshalb die Forderung nach Eingliederung der »Pro­le­tairs«.

Obwohl die Roman­tik keine primär poli­tis­che Bewe­gung war, hat sie erhe­blichen poli­tis­chen Ein­fluß, vor allem auf den deutschen Kon­ser­vatismus, genom­men. Das gilt in erster Lin­ie für Vor­denker der Roman­tik wie Adam Müller, Joseph Gör­res oder Franz von Baad­er, in gewis­sem Sinn auch für Friedrich Gentz. Obwohl die Möglichkeit­en prak­tis­ch­er Umset­zung bere­its im Vor­märz radikal beschnit­ten waren, lebten viele ihrer Ideen fort und bee­in­flußten in nach­haltiger Weise das deutsche Staats­denken. Das gilt nicht nur für die The­o­rien Oth­mar Spanns, der im 20. Jahrhun­dert expliz­it auf die Romanik zurück­griff, son­dern all­ge­mein­er noch und ins­beson­dere für die rechte Intel­li­genz im Umfeld der Kon­ser­v­a­tiv­en Rev­o­lu­tion. Man hat in dem Zusam­men­hang auch von ein­er »Neu­ro­man­tik« gesprochen, die zwar nicht gen­uin, aber doch in bes­timmten Bere­ichen poli­tisch ori­en­tiert war.

Damit sei aus­drück­lich nicht gesagt, daß das kon­ser­v­a­tive Denken ins­ge­samt auf roman­tis­chen Vor­gaben beruht, es hat ger­ade hier immer wieder scharfe Kri­tik an der Roman­tik und der poli­tis­chen Roman­tik gegeben, eine »Anti-Roman­tik«, aus­ge­hend von Hegel eben­so wie von Carl Schmitt.

– — –

Zitate:

Verbindung set­zt Ungle­ich­heit zwis­chen den sich Verbinden­den voraus, weil zwis­chen Gle­ichen nur Anhäu­fung oder Aggre­ga­tion stat­tfind­et, und die Verbindung als Aktus begrif­f­en nur ein beständi­ges inneres Aus­gle­ichen eines äußer­lich Ungle­ichen ist.
Franz von Baad­er

Am lächer­lich­sten ist mir immer die Wut vorgekom­men, Ver­fas­sun­gen zu machen. Wahrlich lieber Fre­und, es gibt einen Despo­tismus der Lib­er­al­ität, der so unlei­dlich ist, wie jede andere Tyran­nei, indem er das frische Leben fanatisch mit eit­el Garantien, Vor- und Rück­sicht­en umbaut, daß man vor lauter Anstal­ten zur Frei­heit nicht zu dieser selb­st gelan­gen kann.
Joseph von Eichen­dorff

– — –

Lit­er­atur:

  • Jakob Baxa (Hrsg.): Gesellschaft und Staat im Spiegel deutsch­er Roman­tik, Die Herd­flamme, Bd 8, Jena 1924
  • Jakob Baxa (Hrsg.): Ein­führung in die roman­tis­che Staatswis­senschaft [1923], Die Herd­flamme, Ergänzungs­bd 4, zulet­zt Jena 1931
  • Paul Kluck­hohn: Das Ideengut der deutschen Roman­tik [1941], zulet­zt Tübin­gen 1966
  • Hans-Christof Kraus: Roman­tik, poli­tis­che, in: Cas­par von Schrenck-Notz­ing (Hrsg.): Lexikon des Kon­ser­vatismus, Graz 1996, S. 465–469
  • Carl Schmitt: Poli­tis­che Roman­tik [1919], zulet­zt Berlin 1998