Umwelt

Umwelt beze­ich­net – nach der ursprünglichen Def­i­n­i­tion des Begriffs durch den Biolo­gen J. von Uexküll – die Umge­bung, die für ein Tier oder eine Pflanze die leben­snotwendi­gen Bedin­gun­gen bere­i­thält. Men­schen haben deshalb im stren­gen Sinn keine Umwelt, sie sind »weltof­fen« (Max Schel­er), da es ihnen grund­sät­zlich möglich ist, ihre Welt so zu verän­dern, daß sie auch dann lebens­di­en­lich bleibt oder unschädlich gemacht wird, wenn das die natür­lichen Umstände eigentlich nicht erlauben.

Diese Macht des Men­schen über die Natur wurde im Laufe eines lan­gen his­torischen Prozess­es erwor­ben und führte von ein­er Sit­u­a­tion des Aus­geliefert­seins in der Phase der Wild­beuterge­sellschaften zu ein­er ersten Epoche, in der ein stärk­er­er Durch­griff auf die Umwelt möglich wurde, nach­dem Seßhaftigkeit, Acker­bau und Viehzucht einge­führt waren. Dieser Vor­gang, der gemein­hin als »Neolithis­che Rev­o­lu­tion« beze­ich­net wird, bedeutete die »erste absolute Kul­turschwelle« (Arnold Gehlen), das heißt, daß grund­sät­zlich die gesamte Men­schheit daran teil­nahm. Erst mit großem zeitlichem Abstand – im 19. Jahrhun­dert – wurde von Europa aus­ge­hend eine zweite absolute Kul­turschwelle erre­icht und mit Hil­fe der Indus­triellen Rev­o­lu­tion über­schrit­ten.

Die durch die mod­erne Tech­nik gegebe­nen Möglichkeit­en zur Emanzi­pa­tion von der Umwelt haben allerd­ings auch frühzeit­ig Sor­gen über die Fol­gen für die Natur ins­ge­samt aufkom­men lassen, so daß neben den Heimat- und Tier- auch Naturschutzbe­we­gun­gen ent­standen. Deren Anliegen war im Grunde gen­uin kon­ser­v­a­tiv, weshalb sie bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhun­derts eine entsprechende weltan­schauliche Prä­gung zeigten, während Sozial­is­ten und Lib­erale mehr oder weniger unkri­tisch auf die pos­i­tiv­en Wirkun­gen des Fortschritts set­zten. Eine let­zte, in ihrer Zus­pitzung und radikalen Skep­sis aber eher untyp­is­che Darstel­lung des kon­ser­v­a­tiv­en Vor­be­halts zugun­sten von Umwelt und »Leben­squal­ität« stell­ten die Schriften Friedrich Georg Jüngers dar.

Die Verän­derung der ide­ol­o­gis­chen Zuord­nung hing in erster Lin­ie mit dem »Öko-Schock« der 1970er Jahre zusam­men, der zur Entste­hung ein­er bre­it­en linken Bewe­gung führte, die ein­er­seits das Erbe der Achtund­sechziger, ander­er­seits neue Erken­nt­nisse über die Fol­gen von Umweltver­schmutzung in ihre Weltan­schau­ung auf­nahm. Die Ver­suche einiger Kon­ser­v­a­tiv­er, sich dieser Bewe­gung anzuschließen oder sie sog­ar im Sinne ein­er argu­men­ta­tiv schlüs­si­gen, das heißt kon­ser­v­a­tiv­en, Vorstel­lung neu auszuricht­en (Her­bert Gruhl), scheit­erten oder führten zur Mar­gin­al­isierung. Das hat­te auch damit zu tun, daß die von dieser Seite vor­ge­tra­ge­nen religiösen (die Umwelt als Schöp­fung Gottes), holis­tis­chen (die Umwelt als Gesam­tord­nung, in die sich der Men­sch ein­fü­gen muß) oder prak­tis­chen Gründe (die Umwelt als notwendi­ge Lebens­grund­lage auch des Men­schen) nicht verfin­gen gegenüber einem sys­te­mop­po­si­tionellen Ansatz, der im Umweltschutz vor allem eine Mobil­isierungschance sah, um größere Grup­pen der Bevölkerung für Ziele einzunehmen, die sie poli­tisch son­st nicht unter­stützt hät­ten.

Mit der Etablierung der »Grü­nen« als Teil des Parteien­spek­trums ist diesem Ansatz zwar etwas von sein­er Wirk­mächtigkeit genom­men, gle­ichzeit­ig aber auch das Feld ein­er überzeu­gen­den Umwelt­poli­tik ver­waist.

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Zitate:

Bedenken wir, daß die Tech­nik die frei leben­den Tiergeschlechter größ­ten­teils schon hingeschlachtet hat und in der Folge gän­zlich hin­schlacht­en wird, … die Urwälder in Zeitungspa­pi­er ver­wan­delt und mit Gift­gasen, Elek­triz­ität und Sprengstof­fen die Mit­tel bere­it­stellt, um auch Men­schen in kürzester Zeit mil­lio­nen­weis umzubrin­gen, während es ihr niemals gelang, Leben zu erzeu­gen, so wer­den wir die schein­bare Angemessen­heit ihrer Voraus­set­zun­gen an die Wirk­lichkeit für das erken­nen, was sie ist: für ein unge­mein geistvolles Werkzeug der Zer­störung.
Lud­wig Klages

… die tech­nis­chen Siege haben das Gefüge der Natur gesprengt. Der Titanis­mus mün­det jet­zt unmit­tel­bar ins Ver­häng­nis. Die Tragik unser­er gegen­wär­ti­gen Endzeit liegt darin, daß ger­ade die stolzen Tri­umphe und Siege das unver­mei­dliche Ende der Men­schen­zeit ankündi­gen.
Her­bert Gruhl

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Lit­er­atur: