Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein (genannt Wallenstein) war schon zu Lebzeiten ein Mythos. Zu steil war sein Aufstieg, zu sagenhaft sein Reichtum, zu rätselhaft seine Gedanken und zu tief sein Fall, als daß er Zeitgenossen und Nachgeborene nicht als ein Faszinosum gegolten hätte.
Dem am 24. September 1583 geborenen, früh verwaisten Wallenstein hing schon als jungem Mann der Ruf eines Grobians an, der gleichzeitig mit einer umfassenden Bildung aufwarten konnte. Wallenstein wurde Soldat und stieg durch eine günstige Heirat zum mährischen Großgrundbesitzer auf. 1619 stellte er sich offen auf die Seite des neuen Kaisers Ferdinand II., als Böhmens Adel sich gegen ihn erhob. Nach der Niederwerfung des Aufstands brachte es Wallenstein als rühriger Parteigänger des Kaisers bis zu dessen Generalissimus (ab 1625). Er unterwarf mit einem riesigen Heer, das er nach der Devise „Der Krieg ernährt den Krieg“ brandschatzen und plündern ließ, die protestantischen Fürsten des konfessionell gespaltenen Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.
Doch Ferdinand II. entließ 1630 diesen Mann als Oberbefehlshaber, obwohl er die Zentralgewalt des Kaisers auf einen seit Karl V. nicht mehr gekannten Höhepunkt geführt hatte. In fataler Nachgiebigkeit opferte Ferdinand II. Wallenstein der Opposition aus katholischen wie protestantischen Reichsfürsten, deren selbstsüchtigem Partikularismus der General im Laufe der Zeit allzu mächtig geworden war.
Nach der Entlassung Wallensteins intervenierte der schwedische König Gustav II. Adolf, vordergründig zur Rettung des Protestantismus im Reich. Er schlug wiederholt die kaiserlichen Heere und brachte den Kaiser an den Rand des Abgrunds. Ferdinand II. holte Wallenstein zurück, und der rettete ihn — nun als Generalissimus mit unbeschränkter Vollmacht. Gustav Adolf fiel in der am Ende unentschiedenen Schlacht bei Lützen (16. November 1632), doch Wallenstein glaubte nicht mehr an einen Siegfrieden und führte nur zurückhaltend Krieg, während er mit der Gegenseite verhandelte. Das aber legten ihm seine vielen Feinde am Wiener Kaiserhof und auch Ferdinand II. selbst als Verrat aus.
Primär auf Druck seines Todfeindes (Bayerns Kurfürst Maximilian) und der spanischen Habsburger verurteilte ein Geheimgericht Wallenstein wegen Hochverrats, und Ferdinand II. erklärte ihn für abgesetzt. Drei Generäle Wallensteins — Piccolomini, Gallas und Aldringen — erhielten die geheime Order, ihren abgesetzten Chef tot oder lebendig auszuliefern. Dieser hatte sich inzwischen nach Pilsen zurückgezogen, wo er von seiner Absetzung erfuhr.
Wallenstein suchte sich jetzt der Offiziere seines Heeres zu versichern, und zwar mit dem ersten und zweiten Pilsener Revers (12. Januar und 19. Februar 1634). Aber nach der Veröffentlichung der Hochverratsanklage in Prag fielen die meisten seiner Untergebenen von ihm ab — fast die gesamte Armee, obgleich sie weitgehend seine eigene Schöpfung war. So zum Verrat geradezu getrieben, zog Wallenstein mit nur wenigen Resttruppen nach Eger, wo er die rechtzeitige Ankunft der Schweden und Sachsen erhoffte. Der in den Mordplan eingeweihte Kommandant von Eger, Gordon, lud die engsten Vertrauten Wallensteins — Ilow, Trka, Kinsky und Neumann — für den Abend des 25. Februar 1634 zu einem Festbankett in die Burg ein. Nachdem sie dort ermordet worden waren, drang ein Trupp irischer und schottischer Offiziere zu Wallenstein vor, der im Pachelbel-Haus logierte. Ihr Anführer, Hauptmann Deveroux, erstach den völlig überraschten und wehrlosen Generalissimus mit einer Partisane.
So fand nicht nur einer der größten Heerführer des Dreißigjährigen Kriegs ein blutiges Ende, sondern auch ein umstrittener Politiker, der gegen die verhängnisvolle Zersplitterung des Reichs gewirkt hatte, indem er gegen den Kaiser intrigierte. Ob der Kaiser andere Möglichkeiten gehabt hätte, um den gefährlichen Usurpator kaltzustellen, ist bis heute umstritten, auch wenn die Tat einhellig als grausam verurteilt wird. Der Herzog von Friedland war zwar oft herrschsüchtig, ungeduldig bis zum Eigensinn und streng bis zur Grausamkeit, doch mit ihm verschwand nun der letzte Staatsmann Habsburgs und des Reichs. Nach ihm kamen nur noch Soldaten und Generäle, an die Stelle der Staatsführer traten die Geschützführer.
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Literatur:
- Hellmut Diwald: Wallenstein. Eine Biographie, München/Esslingen 1969
- Golo Mann: Wallenstein. Sein Leben, Frankfurt a. M. 1971
- Josef Poliensky/Josef Kollmann: Wallenstein. Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, Köln 1997