1634 — Wallenstein wird in Eger ermordet

Albrecht Wen­zel Euse­bius von Wald­stein (genan­nt Wal­len­stein) war schon zu Lebzeit­en ein Mythos. Zu steil war sein Auf­stieg, zu sagen­haft sein Reich­tum, zu rät­sel­haft seine Gedanken und zu tief sein Fall, als daß er Zeitgenossen und Nachge­borene nicht als ein Faszi­nosum gegolten hätte.

Dem am 24. Sep­tem­ber 1583 gebore­nen, früh ver­wais­ten Wal­len­stein hing schon als jungem Mann der Ruf eines Gro­bians an, der gle­ichzeit­ig mit ein­er umfassenden Bil­dung aufwarten kon­nte. Wal­len­stein wurde Sol­dat und stieg durch eine gün­stige Heirat zum mährischen Groß­grundbe­sitzer auf. 1619 stellte er sich offen auf die Seite des neuen Kaisers Fer­di­nand II., als Böh­mens Adel sich gegen ihn erhob. Nach der Nieder­w­er­fung des Auf­s­tands brachte es Wal­len­stein als rühriger Parteigänger des Kaisers bis zu dessen Gen­er­alis­simus (ab 1625). Er unter­warf mit einem riesi­gen Heer, das er nach der Devise „Der Krieg ernährt den Krieg“ brand­schatzen und plün­dern ließ, die protes­tantis­chen Fürsten des kon­fes­sionell ges­pal­te­nen Heili­gen Römis­chen Reichs Deutsch­er Nation.

Doch Fer­di­nand II. entließ 1630 diesen Mann als Ober­be­fehlshaber, obwohl er die Zen­tral­ge­walt des Kaisers auf einen seit Karl V. nicht mehr gekan­nten Höhep­unkt geführt hat­te. In fataler Nachgiebigkeit opferte Fer­di­nand II. Wal­len­stein der Oppo­si­tion aus katholis­chen wie protes­tantis­chen Reichs­fürsten, deren selb­st­süchtigem Par­tiku­lar­is­mus der Gen­er­al im Laufe der Zeit allzu mächtig gewor­den war.

Nach der Ent­las­sung Wal­len­steins inter­ve­nierte der schwedis­che König Gus­tav II. Adolf, vorder­gründig zur Ret­tung des Protes­tantismus im Reich. Er schlug wieder­holt die kaiser­lichen Heere und brachte den Kaiser an den Rand des Abgrunds. Fer­di­nand II. holte Wal­len­stein zurück, und der ret­tete ihn — nun als Gen­er­alis­simus mit unbeschränk­ter Voll­macht. Gus­tav Adolf fiel in der am Ende unentsch­iede­nen Schlacht bei Lützen (16. Novem­ber 1632), doch Wal­len­stein glaubte nicht mehr an einen Siegfrieden und führte nur zurück­hal­tend Krieg, während er mit der Gegen­seite ver­han­delte. Das aber legten ihm seine vie­len Feinde am Wiener Kaiser­hof und auch Fer­di­nand II. selb­st als Ver­rat aus.

Primär auf Druck seines Tod­fein­des (Bay­erns Kur­fürst Max­i­m­il­ian) und der spanis­chen Hab­s­burg­er verurteilte ein Geheimgericht Wal­len­stein wegen Hochver­rats, und Fer­di­nand II. erk­lärte ihn für abge­set­zt. Drei Gen­eräle Wal­len­steins — Pic­colo­mi­ni, Gal­las und Aldrin­gen — erhiel­ten die geheime Order, ihren abge­set­zten Chef tot oder lebendig auszuliefern. Dieser hat­te sich inzwis­chen nach Pilsen zurück­ge­zo­gen, wo er von sein­er Abset­zung erfuhr.

Wal­len­stein suchte sich jet­zt der Offiziere seines Heeres zu ver­sich­ern, und zwar mit dem ersten und zweit­en Pilsen­er Revers (12. Jan­u­ar und 19. Feb­ru­ar 1634). Aber nach der Veröf­fentlichung der Hochver­rat­san­klage in Prag fie­len die meis­ten sein­er Untergebe­nen von ihm ab — fast die gesamte Armee, obgle­ich sie weit­ge­hend seine eigene Schöp­fung war. So zum Ver­rat ger­adezu getrieben, zog Wal­len­stein mit nur weni­gen Rest­trup­pen nach Eger, wo er die rechtzeit­ige Ankun­ft der Schwe­den und Sach­sen erhoffte. Der in den Mord­plan eingewei­hte Kom­man­dant von Eger, Gor­don, lud die eng­sten Ver­traut­en Wal­len­steins — Ilow, Trka, Kin­sky und Neu­mann — für den Abend des 25. Feb­ru­ar 1634 zu einem Fes­t­ban­kett in die Burg ein. Nach­dem sie dort ermordet wor­den waren, drang ein Trupp irisch­er und schot­tis­ch­er Offiziere zu Wal­len­stein vor, der im Pachel­bel-Haus logierte. Ihr Anführer, Haupt­mann Dever­oux, erstach den völ­lig über­rascht­en und wehrlosen Gen­er­alis­simus mit ein­er Par­ti­sane.

So fand nicht nur ein­er der größten Heer­führer des Dreißigjähri­gen Kriegs ein blutiges Ende, son­dern auch ein umstrit­ten­er Poli­tik­er, der gegen die ver­häng­nisvolle Zer­split­terung des Reichs gewirkt hat­te, indem er gegen den Kaiser int­rigierte. Ob der Kaiser andere Möglichkeit­en gehabt hätte, um den gefährlichen Usurpa­tor kaltzustellen, ist bis heute umstrit­ten, auch wenn die Tat ein­hel­lig als grausam verurteilt wird. Der Her­zog von Fried­land war zwar oft herrschsüchtig, ungeduldig bis zum Eigensinn und streng bis zur Grausamkeit, doch mit ihm ver­schwand nun der let­zte Staats­mann Hab­s­burgs und des Reichs. Nach ihm kamen nur noch Sol­dat­en und Gen­eräle, an die Stelle der Staats­führer trat­en die Geschützführer.

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Lit­er­atur:

  • Hell­mut Diwald: Wal­len­stein. Eine Biogra­phie, München/Esslingen 1969
  • Golo Mann: Wal­len­stein. Sein Leben, Frank­furt a. M. 1971
  • Josef Poliensky/Josef Koll­mann: Wal­len­stein. Feld­herr des Dreißigjähri­gen Krieges, Köln 1997