Aristokratie

Aris­tokratie kommt aus dem antiken Griechisch und bedeutet »Herrschaft der Besten«. Es han­delte sich um die Selb­st­beze­ich­nung der Elite, die einen Anspruch auf dauernde Macht über die Masse der Bevölkerung erhob. Die Aris­tokratie herrschte aus eigen­em beziehungsweise göt­tlichem Recht (Legit­im­ität, Poli­tis­che The­olo­gie); die Zuge­hörigkeit ergab sich aus der Abstam­mung und stat­tete mit entsprechen­den Priv­i­legien aus. His­torisch gese­hen gehörte Landbe­sitz zu den wesentlichen Voraus­set­zun­gen aris­tokratis­ch­er Ver­fas­sun­gen. Sobald dessen Bedeu­tung schwand, geri­et die Aris­tokratie in eine Krise, was sich an den antiken Stän­dekämpfen eben­so able­sen läßt, wie am Nieder­gang des europäis­chen Adels seit dem 17. Jahrhun­dert.

Auch die Kri­tik des aris­tokratis­chen Prinzips hat eine lange Geschichte und geht bis auf das Alter­tum zurück. Grund dafür ist regelmäßig der Abstand zwis­chen dem nor­ma­tiv­en Anspruch der »Besten« und deren tat­säch­lich­er Leis­tung. In der mod­er­nen Staat­s­the­o­rie, etwa bei Mon­tesquieu, wird vor allem die Erblichkeit von Titel und Besitz als Grund für die Kor­rup­tion der Aris­tokratie betra­chtet.

Trotz dieser und ander­er Vor­be­halte schwand die pos­i­tive Kon­no­ta­tion des Begriffs Aris­tokratie niemals ganz. Das hat­te mit der Bewun­derung für deren Ver­hal­tens- und Stil­sicher­heit zu tun, die nur eine lange Tra­di­tion ver­lei­hen, aber auch mit der Hoff­nung auf einen Ide­al­staat, in dem tat­säch­lich die »Besten« regieren. Schon Aris­tote­les unter­schied die Aris­tokratie aus­drück­lich von anderen For­men der Min­der­heit­en­herrschaft, die er »Oli­garchien«, das heißt »Herrschaft von weni­gen«, nan­nte. Erstere wür­den durch die Tugend, let­ztere durch den Reich­tum bes­timmt.

Diese Annahme eines grund­sät­zlich richti­gen »aris­tokratis­chen Prinzips« führte seit dem Ende des 18. Jahrhun­derts zu ver­schiede­nen Adel­sre­form­plä­nen. Sie unter­schieden sich von anderen Konzepten der Eliten­herrschaft vor allem durch den Gedanken, die Erblichkeit festzuhal­ten: ange­fan­gen bei den Vorschlä­gen Gneise­naus, alle Adel­sti­tel aufzuheben und nur nach Maß­gabe der Bewährung im Kampf gegen Napoleon wiederzu­ver­lei­hen, woraufhin die alte, aber regener­ierte Aris­tokratie mit den wegen ihrer Leis­tung Nobil­i­tierten ver­schmolzen wer­den kön­nte, über Car­lyles, Niet­zsches, Georges und Evolas radikale Aris­tokratis­men, bis hin zu den Ideen des Stauf­fen­bergkreis­es, die wieder an Gneise­nau anknüpften.

Anders als Elitekonzepte, die von ein­er nur fak­tis­chen Bedeu­tung der Führungss­chicht aus­ge­hen, hal­ten Befür­worter ein­er Aris­tokratie an der Auf­fas­sung fest, daß es eine gute Ord­nung geben kann, deren Führung nach Maß­gabe ihrer – geisti­gen, aber auch sit­tlichen – Qual­ität bes­timmt ist, und selb­st Lib­erale kom­men gele­gentlich zu dem melan­cholis­chen Urteil: »Die besten unter den demokratis­chen Poli­tik­ern der Gegen­wart stellen im Ver­gle­ich zum besten Typus des Adli­gen der Ver­gan­gen­heit sehr dürftige Typen dar.« (Ernst Nolte)

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Zitat:

Denn die Bedeu­tung eines adeli­gen Geschlechts liegt ganz in den Tra­di­tio­nen, das heißt: in den leben­skräfti­gen Erin­nerun­gen.
Giuseppe Tomasi di Lampe­dusa

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Lit­er­atur:

  • John Carey: Haß auf die Massen, Göt­tin­gen 1996.
  • Thomas Car­lyle: Über Helden, Helden­verehrung und das Helden­tüm­liche in der Geschichte, Leipzig 1895;
  • Julius Evola: Men­schen inmit­ten von Ruinen [1953], Tübin­gen 1991.
  • Wil­helm Rosch­er: Poli­tik [1892], zulet­zt Stuttgart 1908.