Rand, Ayn — Libertärer, 1905–1982

Die radikale Indi­vid­u­al­istin und Antikollek­tivistin Ayn Rand, geboren am 2. Feb­ru­ar 1905 in Sankt Peters­burg, gilt als eine über­aus wichtige philosophis­che und poli­tis­che Inspi­ra­tionsquelle der US-amerikanis­chen Kon­ser­v­a­tiv­en und Radikallib­eralen seit der zweit­en Hälfte des 20. Jahrhun­derts, etwa der Tea-Par­ty-Bewe­gung sowie der auch in Europa wach­senden staatskri­tis­chen Bewe­gung der Lib­ertären.

Die Lek­türe ihres Romans Atlas Shrugged (1957) hat­te für viele Men­schen eine lebensverän­dernde Schlüs­sel­w­erk­funk­tion. Das bet­rifft sowohl Rands Ein­stel­lung gegenüber der per­sön­lichen Frei­heit und dem freien Markt, als auch ihre Hero­isierung des schöpferischen Erfind­ers und schaf­fend­en Unternehmers bei gle­ichzeit­iger moralis­ch­er Her­ab­set­zung des umverteilen­den Poli­tik­ers („Plün­der­er“), des mit der Staats­macht frater­nisieren­den Pseudoun­ternehmers und des wert­erel­a­tivis­tis­chen oder nihilis­tis­chen Hof-Intellek­tuellen und Gle­ich­heit­side­olo­gen. Zu den poli­tis­chen Vorstel­lun­gen von Ayn Rand gehören ein Min­i­mal­staat, der sich auf die Sicherung der pos­i­tiv­en Frei­heit­srechte sein­er Bürg­er beschränkt, ein Lais­sez-Faire-Kap­i­tal­is­mus und eine goldgedeck­te Währung.

Auf­grund ihrer scharf kon­turi­erten und unver­söhn­lich anmu­ten­den Posi­tio­nen gibt es allerd­ings nur wenige Rezip­i­en­ten, die Ayn Rand in jedem Punkt fol­gen. So wirken Rands strenger Athe­is­mus sowie ihr mitlei­d­los anmu­ten­der „ratio­naler Ego­is­mus“ vor allem auf christliche Kon­ser­v­a­tive befrem­dend, und auch die meis­ten Lib­ertären sehen Rands philosophis­che Denkschule, den auf Logik und ein­er vom Bewußt­sein unab­hängi­gen Real­ität basieren­den „Objek­tivis­mus“, als zu dog­ma­tisch an.

Die vom Objek­tivis­mus abgeleit­ete Ästhetik­dok­trin Rands, der „roman­tis­che Real­is­mus“, der mit der Apoth­e­ose des von bes­timmten men­schlichen Regun­gen wie Neid und Altru­is­mus völ­lig los­gelösten, aber abso­lut selb­st­be­wussten und daher vor­bildlich tugend­haften „Ideal­men­schen“ (ide­al man) ein­herge­ht, erin­nert Kri­tik­er allzu sehr an links- und rechtssozial­is­tis­che Schön­heit­snor­men.

Trotz aller Ablehnung ist Rands Pop­u­lar­ität in den USA unge­brochen. So wurde Atlas Shrugged bere­its 1991 in ein­er Umfrage der Nation­al­bib­lio­thek zum ein­flußre­ich­sten Buch nach der Bibel gewählt. Im Zuge der jüng­sten Weltwirtschaft­skrise und dem damit ein­herge­hen­den wach­senden Bewußt­sein für die ver­heeren­den Auswirkun­gen von Wohlfahrtsstaat und Finanz­plan­wirtschaft steigt auch der Absatz ihrer Büch­er (Gesam­tau­flage fast 30 Mil­lio­nen) wieder stark an.

Ayn Rand ver­starb am 6. März 1982 in New York.

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Zitat:

Die Per­son, die alle liebt und sich über­all zu Hause dünkt, ist der wahre Has­s­er der Men­schheit. Sie erwartet nichts vom Men­schen, also kann keine Form der Verderbtheit sie entrüsten.

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Schriften:

  • We The Liv­ing, New York 1936 (dt. Vom Leben unbe­siegt, Baden-Baden 1956)
  • Anthem, Lon­don 1938 (dt. Die Hymne des Men­schen, Berlin 1999)
  • The Foun­tain­head, New York 1943 (dt. Der ewige Quell, Zürich 1946)
  • Atlas Shrugged, New York 1957 (dt. Atlas wirft die Welt ab, Baden-Baden 1959)
  • The Virtue of Self­ish­ness, New York 1964
  • Cap­i­tal­ism. The Unknown Ide­al, New Work 1966
  • Intro­duc­tion to Objec­tivist Epis­te­mol­o­gy, New York 1967
  • The Roman­tic Man­i­festo, New York 1969
  • Phi­los­o­phy. Who Needs It, New York 1982
  • The New Left. The Anti-Indus­tri­al Rev­o­lu­tion, New York 1999

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Lit­er­atur:

  • Bar­bara Bran­den: The Pas­sion of Ayn Rand, New York 1986
  • Nathaniel Bran­den: My Years with Ayn Rand, San Fran­cis­co 1999
  • Jeff Brit­ting: Ayn Rand, Wood­stock 2004
  • Tibor R. Machan: Ayn Rand, New York 1991
  • Tibor R. Machan: Ayn Rand. Ihr Werk, Greven­broich 2008
  • Leonard Peikoff: Objec­tivism. The Phi­los­o­phy of Ayn Rand, New York 1993
  • David Schah: Ayn Rand. Ihr Leben, Greven­broich 2008