Demokratie. Der Gott, der keiner ist — Hans-Hermann Hoppe, 2001

Der anar­chokap­i­tal­is­tis­che Volk­swirt Hans-Her­mann Hoppe entwirft in diesem Buch, vor dem Hin­ter­grund immer mehr das Leben bee­in­flussender Wohlfahrtsstaat­en, die Utopie ein­er »natür­lichen Ord­nung«, die allein auf Ver­tragsrecht zwis­chen pri­vat­en Per­so­n­en oder Insti­tu­tio­nen beruhen soll. Die Nei­gung der west­lichen Staat­en zur Umverteilung, Zen­tral­isierung
durch die Ein­rich­tung supra­na­tionaler Gebilde, »erzwun­genen Inte­gra­tion« von Ein­wan­der­ern sowie Beschränkung des freien Han­dels durch sozial­staatliche Reg­ulierun­gen nimmt Hoppe zum Anlaß, die Demokratie als Herrschafts­form ins­ge­samt in Frage zu stellen.

Dazu ver­gle­icht er sie mit der Monar­chie und stellt ihr seine Utopie der Staaten­losigkeit gegenüber. Als Maßstäbe wählt er die Zeit­präferenz der Gesellschaften, ihre poten­tielle Mach­taus­dehnung, den Umgang mit Eigen­tum, den Auf­bau des Staat­sap­pa­rates, die Stel­lung von Gemein­schaften, ihre Fried­fer­tigkeit sowie das Ver­hält­nis zwis­chen Herrsch­er und Volk.

Bei dieser Unter­suchung kommt er zu dem Ergeb­nis, die Monar­chie sei das »kleinere Übel«, weil in ihr der Herrsch­er langfristig denken könne, während in ein­er Demokratie die Poli­tik­er durch
die kurzen Leg­is­laturpe­ri­o­den zu sozialpoli­tis­chem Aktion­is­mus getrieben wür­den. Hoppe geht davon aus, daß der Monarch wie ein Pri­vateigen­tümer han­delt und deshalb das macht­lose Volk frei leben und wirtschaften läßt. Gle­icher­maßen argu­men­tiert er für Kriegs­fälle: In Demokra­tien sei das gesamte Volk in totale Kriege involviert. Beim Krieg zwis­chen Monar­chien hinge­gen wür­den auss­chließlich Söld­ner­heere gegeneinan­der antreten. Deshalb werde die Zivil­bevölkerung ver­schont.

Statt für eine Monar­chie plädiert Hoppe jedoch für die kom­plette Selb­stver­wal­tung der Bürg­er. Diese wer­den sich, wenn man sie läßt, selb­ständig, frei­willig und zweck­mäßig zusam­men­schließen,
ohne daß der Staat reg­ulierend ein­greifen muß. Auf­gaben wie die Aufrechter­hal­tung von Infra­struk­tur, Jus­tiz und Lan­desvertei­di­gung sind pri­vat über das Ver­tragsrecht regel­bar. Dies schließt auch ein Recht zum Auss­chluß und zur Diskri­m­inierung ein – etwa gegenüber anderen Eth­nien, die aus der Gemein­schaft per Beschluß ver­ban­nt wer­den kön­nen.

Auf­grund dieser Anmerkun­gen ist das Buch auch von Lib­eralen und Lib­ertären kri­tisch rezip­iert wor­den, obwohl es sich in ihrem Werkekanon etabliert hat. Hoppe wurde der Man­gel an empirischen Bele­gen eben­so vorge­wor­fen wie seine auss­chließlich ökonomis­che Argu­men­ta­tion, die kul­turelle und soziale Aspek­te des Zusam­men­lebens außen vor lasse. Anthro­pol­o­gisch geht er von einem ego­is­tis­chen Men­schen aus, der Gemein­schaften nur schmiedet, wenn es ihm etwas nützt, und der diese fol­glich auch ständig opti­mieren will. Hoppe hofft, daß die west­lichen
Staat­en implodieren, wenn genü­gend kri­tis­che Bürg­er mit Erfolg regionale Sezes­sio­nen vorantreiben. In den USA gibt es vere­inzelte »Gat­ed Com­mu­ni­ties«, die dem Gesellschaft­sen­twurf der »natür­lichen Ord­nung« ähneln. In Europa sind solche Gebilde jedoch bish­er absolute Aus­nah­men.

– — –

Zitat:

In ein­er natür­lichen Ord­nung sind alle Güter, jedes Stück Land und Wass­er, im Eigen­tum pri­vater Per­so­n­en oder Grup­pen. Es gibt kein »öffentlich­es« Eigen­tum, keine Steuern, keinen Staat und kein Gerichtsmonopol. Die Eigen­tümer sind durch ein weitverzweigtes Net­zw­erk ver­traglich­er Beziehun­gen miteinan­der verknüpft. Sicher­heit – Recht und Ord­nung – wird, wie andere Güter auch, in Eigen­leis­tung, nach­barschaftlich­er Koop­er­a­tion und durch frei­fi­nanzierte Spezialun­ternehmungen, ins­beson­dere Ver­sicherun­gen und Schlich­tungsagen­turen erbracht.

– — –

Lit­er­atur:

  • Lothar Fritze: Ille­git­im­ität des Staates? Bemerkun­gen zu Hans-Her­mann Hoppes Vision ein­er Pri­vateigen­tums­ge­sellschaft, in: Poli­tis­che Viertel­jahress­chrift 46 (2005), Heft 1