Der wahre Staat — Othmar Spann, 1921

Es gab inner­halb der Kon­ser­v­a­tiv­en Rev­o­lu­tion nur wenige Büch­er, die eine der­ar­tige Wirkkraft ent­fal­ten kon­nten wie Der wahre Staat des öster­re­ichis­chen Volk­swirtschaftlers Oth­mar Spann. In der durch Klassenkampf und ide­ol­o­gis­che Zer­ris­senheit gekennze­ich­neten Nachkriegszeit fiel ger­ade Spanns uni­ver­sal­is­tis­ch­er Ansatz als Appell an Ord­nung und Sta­bil­ität auf frucht­baren  Boden.

Spanns Lehre, die aus­ge­hend von Aris­tote­les die »Welt als Ganzes« begreif­bar machen wollte, ist von der Vorstel­lung durch­drun­gen, daß die Gemein­schaft immer den Vor­rang vor dem Einzelin­di­vidu­um haben muß.

Im Wahren Staat macht der Autor deut­lich, was er sich unter einem ide­alen Staatswe­sen vorstellt: Die Gesellschaft sollte einen ständis­chen Auf­bau und eine pyra­mi­denar­tige Form haben. Er befür­wortet eine Konzen­tra­tion der »Besten« an der Staatsspitze und geht von ein­er »natür­lichen« Abnahme der »Qual­ität « in Rich­tung des Pyra­mi­densock­els aus. Im organ­is­chen Miteinan­der der ver­schiede­nen Stände, die in ihrer Gesamtheit den Staat repräsen­tieren, sieht Spann die Möglichkeit der Über­win­dung der Klas­sen­ge­gen­sätze. Damit refor­mulierte Spann eine der staat­sre­formerischen Grun­dideen des Abend­lan­des, die seit Pla­ton zum Kanon der poli­tis­chen Philoso­phie gehört, für seine Zeit.

Nicht umson­st beze­ich­nete Armin Mohler Spann als »Lehrer und Red­ner der Kon­ser­v­a­tiv­en Rev­o­lu­tion«. Seine Ganzheit­slehre fand nicht nur in Öster­re­ich, son­dern auch im Deutschen Reich Anhänger. Promi­nente Beispiele hier­für sind Edgar Julius Jung, dessen Hauptwerk (Die Herrschaft der Min­der­w­er­ti­gen, 1927) uni­ver­sal­is­tis­che Ele­mente ver­ar­beit­ete, und der Nation­al­rev­o­lu­tionär Ernst Niekisch, der in seinem Wider­standsver­lag Texte Spanns pub­lizierte.

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Zitat:

Wir erken­nen in seinem Herzpunkt, der Selb­st­genügsamkeit, den Indi­vid­u­al­is­mus als einen Grundirrtum. Der Indi­vid­u­al­is­mus macht den Einzel­nen zulet­zt ein­sam und arm.

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Aus­gabe

  • 4., mit Zusätzen verse­hene Auflage, Jena: Fis­ch­er 1938

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Lit­er­atur:

  • Sebas­t­ian Maaß: Drit­ter und wahrer Staat. Oth­mar Spann – Ideenge­ber der Kon­ser­v­a­tiv­en Rev­o­lu­tion, Kiel 2010
  • Mar­tin Schneller: Zwis­chen Roman­tik und Faschis­mus. Der Beitrag Oth­mar Spanns zum Kon­ser­vatismus in der Weimar­er Repub­lik, Stuttgart 1970