Hans-Georg von Studnitz, geboren am 31. August 1907 in Potsdam, war „einer der letzten Vertreter des konservativen Journalismus in Deutschland“ (Caspar von Schrenck-Notzing), ob als Redakteur der Zeit oder von Christ und Welt, als Mitarbeiter von Welt und Welt am Sonntag, seine Stellungnahmen hatten immer etwas Eindeutiges, waren Verteidigung der Überlieferung unter überlieferungsfeindlichen Bedingungen. Die Selbstverständlichkeit, mit der Studnitz seinen Standpunkt bezog, ging darauf zurück, daß er ein „geborener“, kein „gemachter“ Konservativer war. Bezeichnend wirkt, daß für ihn in jungen Jahren keine andere Laufbahn als die des Offiziers denkbar war, was damit zusammenhing, daß er aus einer preußischen Soldatenfamilie stammte, die sich selbstverständlich als Stütze der Hohenzollernmonarchie betrachtete.
Studnitz war aber kein Nostalgiker, sah sich unter den Bedingungen der Weimarer Republik klaglos nach einem zivilen Beruf um, erlernte den des Bankkaufmanns, sammelte während der zwanziger Jahre berufliche Erfahrungen in Chile, Argentinien und den USA. 1929 kehrte er nach Deutschland zurück und wechselte in den Journalismus. Er schrieb zuerst für die traditionsreiche Neue Preußische Kreuzzeitung und trat dann in die Redaktion des Berliner Tags ein. Dabei kamen ihm Weltgewandtheit und Sprachenkenntnis besonders zu Gute; seit 1934 arbeitete als Auslandskorrespondent für den Scherl-Konzern, unter anderem als Berichterstatter aus Spanien während des Bürgerkriegs. 1938 ging Studnitz als Korrespondent nach London, 1939 in den Nahen Osten, 1940 nach Den Haag.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs übernahm Studnitz die „Aufsicht“ über die Zeitungen im besetzten Holland. Eine Position, die er rasch wieder verlor, nachdem er zuerst dafür gesorgt hatte, daß jüdische Mitarbeiter vorsichtig gedeckt wurden, und weiter erlaubte, daß man den Lesern Mitteilung über die Zensurmaßnahmen der deutschen Behörden machte. Studnitz wurde in die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes versetzt, wo er bis zum Kriegsende verblieb; seine Aufzeichnungen aus der Endphase des Krieges veröffentlichte er später unter dem Titel Als Berlin brannte (1963), — ein Zeitdokument ersten Ranges.
Nach 1945 spielte Studnitz eine wichtige Rolle für den Wiederaufbau der westdeutschen Publizistik und berichtete schon drei Jahre später für die Zeit über das Nürnberger Tribunal. Er gründete 1949 die in der frühen Bundesrepublik einflußreiche Zeitschrift Außenpolitik, die ihm Gelegenheit bot, seiner eigentlichen Leidenschaft – der Diplomatie und den zwischenstaatlichen Beziehungen — nachzugehen, übernahm die Chefredaktion der Hamburger Allgemeinen Zeitung, dann des Hamburger Anzeigers, fungierte zwischen 1955 und 1961 als Pressechef der Lufthansa und ab 1961 als stellvertretender Chefredakteur von Christ und Welt, der wichtigsten konservativen Wochenzeitung.
Studnitz schrieb während der sechziger Jahre außerdem eine Reihe zeitkritischer Bücher (Bismarck in Bonn, 1964; Glanz und keine Gloria, 1965; Rettet die Bundeswehr!, 1967; Ist Gott Mitläufer?, 1969), in denen er sich nicht nur als konservativer Beobachter des Zeitgeschehens, sondern auch als scharfzüngiger Polemiker erwies. Nach dem Rückzug aus der aktiven Pressearbeit äußerte sich Studnitz immer noch mit einer gewissen Regelmäßigkeit in der konservativen Presse und den konservativen Periodika.
Hans-Georg von Studnitz starb am 17. Juli 1993 in Rimsting (Chiemsee).
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Zitat:
Aus hemmungslosen Siegern verwandeln sich die Deutschen über Nacht in Berufsbesiegte, die sich Orgien der Bußfertigkeit zuwenden. Ein verlorener Krieg bedeutet in Deutschland auch ein nationales Unglück in dem Sinne, daß die Nation sich selbst aufgeben möchte. Das war 1945 nicht anders als 1918 und 1806. Eine Niederlage im Feld läßt die Deutschen der Ehre abschwören und der Ehre entsagen.
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Schriften:
- Als Berlin brannte. Diarium der Jahre 1943–1945, Stuttgart 1963
- Bismarck in Bonn. Bemerkungen zur Außenpolitik, Stuttgart 1964
- Glanz und keine Gloria. Reise durch die Wohlfahrtsgesellschaft, Stuttgart 1965
- Rettet die Bundeswehr, Stuttgart 1967
- Ist Gott Mitläufer? Die Politisierung der evangelischen Kirche. Analyse und Dokumentation, Stuttgart 1969
- Seitensprünge. Erlebnisse und Begegnungen 1907–1970, Berlin 1975
- Menschen aus meiner Welt, Berlin 1985
- Die Schrift an der Wand. In memoriam Hans Georg von Studnitz. Ein journalistisches Kaleidoskop aus den Jahren 1962–1993, zusammengestellt von Georgine Offermann, Wien 2001
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Literatur:
- Nils Asmussen: Hans-Georg von Studnitz. Ein konservativer Journalist im Dritten Reich und in der Bundesrepublik, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 45 (1997) Heft 1