Studnitz, Hans-Georg von — Publizist, 1907–1992

Hans-Georg von Studnitz, geboren am 31. August 1907 in Pots­dam, war „ein­er der let­zten Vertreter des kon­ser­v­a­tiv­en Jour­nal­is­mus in Deutsch­land“ (Cas­par von Schrenck-Notz­ing), ob als Redak­teur der Zeit oder von Christ und Welt, als Mitar­beit­er von Welt und Welt am Son­ntag, seine Stel­lung­nah­men hat­ten immer etwas Ein­deutiges, waren Vertei­di­gung der Über­liefer­ung unter über­liefer­ungs­feindlichen Bedin­gun­gen. Die Selb­stver­ständlichkeit, mit der Studnitz seinen Stand­punkt bezog, ging darauf zurück, daß er ein „geboren­er“, kein „gemachter“ Kon­ser­v­a­tiv­er war. Beze­ich­nend wirkt, daß für ihn in jun­gen Jahren keine andere Lauf­bahn als die des Offiziers denkbar war, was damit zusam­men­hing, daß er aus ein­er preußis­chen Sol­daten­fam­i­lie stammte, die sich selb­stver­ständlich als Stütze der Hohen­zollern­monar­chie betra­chtete.

Studnitz war aber kein Nos­tal­gik­er, sah sich unter den Bedin­gun­gen der Weimar­er Repub­lik kla­g­los nach einem zivilen Beruf um, erlernte den des Bankkauf­manns, sam­melte während der zwanziger Jahre beru­fliche Erfahrun­gen in Chile, Argen­tinien und den USA. 1929 kehrte er nach Deutsch­land zurück und wech­selte in den Jour­nal­is­mus. Er schrieb zuerst für die tra­di­tion­sre­iche Neue Preußis­che Kreuzzeitung und trat dann in die Redak­tion des Berlin­er Tags ein. Dabei kamen ihm Welt­ge­wandtheit und Sprachenken­nt­nis beson­ders zu Gute; seit 1934 arbeit­ete als Aus­land­sko­r­re­spon­dent für den Scherl-Konz­ern, unter anderem als Berichter­stat­ter aus Spanien während des Bürg­erkriegs. 1938 ging Studnitz als Kor­re­spon­dent nach Lon­don, 1939 in den Nahen Osten, 1940 nach Den Haag.

Nach Beginn des Zweit­en Weltkriegs über­nahm Studnitz die „Auf­sicht“ über die Zeitun­gen im beset­zten Hol­land. Eine Posi­tion, die er rasch wieder ver­lor, nach­dem er zuerst dafür gesorgt hat­te, daß jüdis­che Mitar­beit­er vor­sichtig gedeckt wur­den, und weit­er erlaubte, daß man den Lesern Mit­teilung über die Zen­sur­maß­nah­men der deutschen Behör­den machte. Studnitz wurde in die Presseabteilung des Auswär­ti­gen Amtes ver­set­zt, wo er bis zum Kriegsende verblieb; seine Aufze­ich­nun­gen aus der End­phase des Krieges veröf­fentlichte er später unter dem Titel Als Berlin bran­nte (1963), — ein Zeit­doku­ment ersten Ranges.

Nach 1945 spielte Studnitz eine wichtige Rolle für den Wieder­auf­bau der west­deutschen Pub­lizis­tik und berichtete schon drei Jahre später für die Zeit über das Nürn­berg­er Tri­bunal. Er grün­dete 1949 die in der frühen Bun­desre­pub­lik ein­flußre­iche Zeitschrift Außen­poli­tik, die ihm Gele­gen­heit bot, sein­er eigentlichen Lei­den­schaft – der Diplo­matie und den zwis­chen­staatlichen Beziehun­gen — nachzuge­hen, über­nahm die Chefredak­tion der Ham­burg­er All­ge­meinen Zeitung, dann des Ham­burg­er Anzeigers, fungierte zwis­chen 1955 und 1961 als Pressechef der Lufthansa und ab 1961 als stel­lvertre­tender Chefredak­teur von Christ und Welt, der wichtig­sten kon­ser­v­a­tiv­en Wochen­zeitung.

Studnitz schrieb während der sechziger Jahre außer­dem eine Rei­he zeitkri­tis­ch­er Büch­er (Bis­mar­ck in Bonn, 1964; Glanz und keine Glo­ria, 1965; Ret­tet die Bun­deswehr!, 1967; Ist Gott Mitläufer?, 1969), in denen er sich nicht nur als kon­ser­v­a­tiv­er Beobachter des Zeit­geschehens, son­dern auch als schar­fzüngiger Polemik­er erwies. Nach dem Rück­zug aus der aktiv­en Pressear­beit äußerte sich Studnitz immer noch mit ein­er gewis­sen Regelmäßigkeit in der kon­ser­v­a­tiv­en Presse und den kon­ser­v­a­tiv­en Peri­odi­ka.

Hans-Georg von Studnitz starb am 17. Juli 1993 in Rim­st­ing (Chiem­see).

– — –

Zitat:

Aus hem­mungslosen Siegern ver­wan­deln sich die Deutschen über Nacht in Berufs­be­siegte, die sich Orgien der Bußfer­tigkeit zuwen­den. Ein ver­loren­er Krieg bedeutet in Deutsch­land auch ein nationales Unglück in dem Sinne, daß die Nation sich selb­st aufgeben möchte. Das war 1945 nicht anders als 1918 und 1806. Eine Nieder­lage im Feld läßt die Deutschen der Ehre abschwören und der Ehre entsagen.

– — –

Schriften:

  • Als Berlin bran­nte. Diar­i­um der Jahre 1943–1945, Stuttgart 1963
  • Bis­mar­ck in Bonn. Bemerkun­gen zur Außen­poli­tik, Stuttgart 1964
  • Glanz und keine Glo­ria. Reise durch die Wohlfahrts­ge­sellschaft, Stuttgart 1965
  • Ret­tet die Bun­deswehr, Stuttgart 1967
  • Ist Gott Mitläufer? Die Poli­tisierung der evan­ge­lis­chen Kirche. Analyse und Doku­men­ta­tion, Stuttgart 1969
  • Seit­en­sprünge. Erleb­nisse und Begeg­nun­gen 1907–1970, Berlin 1975
  • Men­schen aus mein­er Welt, Berlin 1985
  • Die Schrift an der Wand. In memo­ri­am Hans Georg von Studnitz. Ein jour­nal­is­tis­ches Kalei­doskop aus den Jahren 1962–1993, zusam­mengestellt von Georgine Offer­mann, Wien 2001

– — –

Lit­er­atur:

  • Nils Asmussen: Hans-Georg von Studnitz. Ein kon­ser­v­a­tiv­er Jour­nal­ist im Drit­ten Reich und in der Bun­desre­pub­lik, in: Viertel­jahrshefte für Zeit­geschichte 45 (1997) Heft 1