Hepp, Robert, Soziologe, geboren 1938

Hepp wurde am 19. Feb­ru­ar in Lan­genenslin­gen (Ober­schwaben) geboren und entstammte einem noch rel­a­tiv geschlosse­nen katholis­chen Milieu; beze­ich­nen­der­weise wurde sein Vater nach dem 20. Juli 1944 inhaftiert, weil er angesichts des Gerüchts von Hitlers Tod seine Genug­tu­ung zum Aus­druck gebracht hat­te, und erst bei Kriegsende befre­it. Nach dem Abitur studierte Hepp Geschichte, Sozi­olo­gie und Poli­tik­wis­senschaft an den Uni­ver­sitäten Tübin­gen, Paris und Erlan­gen. Er kam während seines Aufen­thalts in Paris in Kon­takt zu Armin Mohler, der ihn in den Kreis Carl Schmitts ein­führte. Nach der Rück­kehr bildete er mit seinem Brud­er Mar­cel eine „Katholis­che“, dann „Kon­ser­v­a­tive Front“.

Hepp hat­te von früh an eine aktivis­tis­che Nei­gung, wurde nach einem Eklat im Obersem­i­nar von Theodor Eschen­burg der Uni­ver­sität Tübin­gen ver­wiesen und nährte bald seinen Wider­willen gegen eine kon­ser­v­a­tive als defen­sive Pro­gram­matik. Schon in einem Text von 1962 äußerte er, daß es nötig sei, eine „neue Rechte“ zu formieren, die den Kampf gegen das lib­erale Estab­lish­ment genau­so führen sollte wie den gegen die Linke.

Danach ist Hepp in den sechziger Jahren nicht weit­er poli­tisch her­vor­ge­treten, son­dern konzen­tri­erte sich auf den Abschluß sein­er Dis­ser­ta­tion über „Poli­tis­che The­olo­gie und the­ol­o­gis­che Poli­tik“ in der Weimar­er Repub­lik bei Hans-Joachim Schoeps (1967); beze­ich­nen­der­weise wur­den von der Arbeit nur die harm­losen Teile vervielfältigt. Seit 1966 arbeit­ete Hepp als Sozi­ologe in Saar­brück­en und Salzburg, 1977 erfol­gte der Ruf auf das Ordi­nar­i­at für Sozi­olo­gie an der Uni­ver­sität Osnabrück, das er bis 1994 innehat­te. Anschließend lehrte er bis zu sein­er Emer­i­tierung 2006 an der Hochschule Vech­ta.

Nach dem Scheit­ern der „gaullis­tis­chen“ Ini­tia­tive Mohlers – für die der früh ver­stor­bene Mar­cel Hepp als Sekretär von Franz-Josef Strauß und Chefredak­teur des Bay­ernkuri­er eine wichtige Rolle gespielt hat­te – nahm Hepp seine pub­lizis­tis­che Tätigkeit wieder auf, vor allem im Umfeld der Zeitschrift Crit­icón. Dabei fiel neben der Bril­lanz sein­er Argu­men­ta­tion vor allem die Ten­denz zur Zus­pitzung auf. Bei­de Eigen­schaften trat­en auch an seinem Hauptwerk, dem 1988 erschiene­nen Buch Die Endlö­sung der Deutschen Frage, unüberse­hbar her­vor. Anders als viele Bevölkerungswis­senschaftler trieb Hepp aus­drück­lich „poli­tis­che Demogra­phie“, die nicht nur Sta­tis­tis­ches sam­melte, ver­glich und dis­tanziert auswertete, son­dern aus dem Daten­ma­te­r­i­al eine unmißver­ständliche Fol­gerung zog: Bevölkerungss­chwund ist ein Aus­druck kollek­tiv­er Todessehn­sucht, und wer dem als Poli­tik­er nicht ent­ge­gen­tritt, ver­rät seine Pflicht gegenüber dem Volk, dem er zu dienen hat. Ein­wan­derung, so Hepp, könne dur­chaus ein Gewinn sein, aber nur, wenn die Ein­wan­der­er tat­säch­lich die autochthone Kul­tur bere­icherten oder an eine dauer­hafte Unter­schich­tung der Heimis­chen gedacht sei.

Daß Hepp es wagte, solche Gedanken zu äußern, und unter Hin­weis auf die bêtes noires der Sozi­olo­gen­zun­ft zu begrün­den, hat sofort die Zen­sur auf den Plan gerufen. Hepp hat die Angriffe (zulet­zt noch eine lang­wierige juris­tis­che Auseinan­der­set­zung mit der Illus­tri­erten Stern) zwar mehr oder weniger unbeschadet über­standen, sich aber seit dem Beginn der neun­ziger Jahren (nicht zulet­zt aus Ent­täuschung über den Ver­lauf des Wiedervere­ini­gung­sprozess­es) aus der aktiv­en Teil­nahme an den Debat­ten zurück­ge­zo­gen. Zulet­zt erschien noch eine bravouröse Abrech­nung mit der „Mul­ti­kul­turellen Gesellschaft“ (MKG) aus sein­er Fed­er.

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Zitat:

Wenn Poli­tik­er von der „mul­ti­kul­turellen Gesellschaft“ reden, unter­stellen ihnen die Kri­tik­er naiver­weise, es sei nichts weit­er als eine Gesellschaft mit viel Kul­tur oder mit vie­len Kul­turen gemeint. Und sogle­ich begin­nt die Reflex­ion­s­mas­chine zu schnur­ren. Um die poli­tis­che Bedeu­tung von Euphemis­men zu erfassen, genü­gen aber logis­che Sprach­analy­sen nicht. Da muß man auch und vor allem die ide­olo­giekri­tis­che Sonde anset­zen und fra­gen, wer hier was warum vor wem zu beschöni­gen ver­sucht.

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Schriften:

  • Selb­s­ther­rlichkeit und Selb­st­be­di­enung. Zur Dialek­tik der Emanzi­pa­tion, München 1971
  • Die Endlö­sung der Deutschen Frage. Grundlin­ien ein­er poli­tis­chen Demogra­phie der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land, Tübin­gen 1988
  • Mul­ta non mul­tum: Kul­turkri­tis­che Anmerkun­gen zur „mul­ti­kul­turellen Gesellschaft“, in: Volk­er Beismann/ Markus Josef Klein (Hrsg.): Poli­tis­che Lage­analyse. Festschrift für Hans Joachim Arndt, München 1993