Molnar wurde als Molnár Tamás István in einer Familie des ungarischen Bürgertums am 26. Juli 1921 in Budapest geboren. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs studierte er in Brüssel und ab 1948 in den USA, wo er nach der kommunistischen Machtübernahme in seiner Heimat dauernden Aufenthalt nahm. An der Columbia Universität, New York, wurde er 1952 zum Dr. phil. promoviert und lehrte danach Philosophie und Geschichte an verschiedenen amerikanischen Hochschulen, nach dem Zusammenbruch des Regimes in Ungarn auch Religionswissenschaften an der Universität Budapest. Neben dem Katholizismus war es vor allem der Einfluß Russell Kirks, der dazu führte, daß sich Molnar zu einem der wichtigen Vertreter der „Paläo-Konservativen“ in den USA entwickelte, jener Strömung also, die versuchte, das europäische kulturelle Erbe zu bewahren und die eigene Tradition unter dem Blickwinkel der skeptischen Aufklärung und eines an Burke geschulten Konservatismus zu betrachten.
Dieser Hinweis darf aber nicht so verstanden werden, als ob Molnar zur Betulichkeit neigte, ganz im Gegenteil. Seit dem Beginn der sechziger Jahre verfaßte er eine Reihe von Büchern, die man nur deshalb nicht als „Kampfschriften“ bezeichnen möchte, weil sie auch Rechenschaft über seine außerordentliche Klugheit und Gelehrtheit ablegten. Einige davon wurden ins Deutsche übersetzt, darunter eine Typologie des Intellektuellen – auch des Konservativen – (Kampf und Untergang der Intellektuellen, 1967), seine Auseinandersetzung mit Sartre als Schlüsselfigur unter den Vordenkern der Progressiven (Sartre – Ideologe unserer Zeit, 1970), eine immer noch sehr lesenswerte Abrechnung mit den „Bildungsreformen“ (Die Zukunft der Bildung, 1971), zumal deren Ursprung und früh erkennbarer Fehlschlag in den USA dargestellt wird, und eine prinzipielle Entgegnung auf die Linke (Die Linke beim Wort genommen, 1972). Die meisten seiner mehr als vierzig Bücher sind allerdings nur in englischer und französischer Sprache zugänglich.
Für die deutschen Konservativen spielte außerdem eine Rolle, daß Molnar zu den Mitarbeitern von Criticón gehörte und bei Veröffentlichung von Mohlers „Nominalistischer Wende“ die Entgegnung aus Sicht der „Universalisten“ schrieb. Auch in dem Zusammenhang trat deutlich die Differenziertheit seiner Argumentation hervor und eine ausgeprägte Abneigung gegen Schubladendenken. Eine Souveränität, die man weiter daran ablesen konnte, daß er in Frankreich zum einen die Kontroverse mit Alain de Benoist pflegte, andererseits für die Royalisten der Action Française schrieb. Bei denen und im Lager des katholischen Traditionalismus fühlte er sich allerdings heimischer, wie man überhaupt feststellen kann, daß sich Molnars Stellungnahmen im Laufe der Zeit weg von angelsächsisch-konservativen, hin zu kontinental-reaktionären Positionen verschoben.
Thomas Molnar verstarb am 20. Juli 2010 in Richmond (Virginia).
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Zitat:
Ebenso wie der zwischen seinen humanistischen und ästhetischen Werten und seinen utopisch-marxistischen Neigungen hin- und hergerissene progressistische Intellektuelle, versucht auch der Konservative gleichzeitig in zwei Zungen zu reden: die eine ist die der Tradition, die andere die der Grausamkeit und Macht; einmal die Sprache der unmittelbaren Kommunikation mit dem Fluß des Lebens, zum anderen die Sprache der Autorität und ruchlosen Unterdrückung.
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Schriften:
- Bernanos. His political thought and prophecy, New York 1960
- The two faces of American foreign policy, Indianapolis 1962
- Utopia, the perennial heresy, New York 1967
- Kampf und Untergang der Intellektuellen, München 1967
- The counter-revolution, New York 1969
- Sartre – Ideologe unserer Zeit, München 1970
- Die Zukunft der Bildung, Düsseldorf 1971
- The American dilemma. A consideration of United States leadership in world, New York 1971
- Die Linke beim Wort genommen, Stuttgart 1972
- God and the knowledge of reality, New York 1973
- Authority and its enemies, New Rochelle (New York) 1976
- Politics and the state. The Catholic view, Chicago 1980
- Le Dieu immanent. La grande tentation de la pensée allemande, Paris 1982
- [mit Alain de Benoist]: L’ éclipse du sacré. Discours et réponses, Paris 1986
- Twin powers. Politics and the sacred, New York 1988
- The emerging Atlantic culture, New Brunswick (New Jersey) 1994
- Archetypes of thought, New York 1996